Über den Zusammenhang zwischen dem schier endlosen Albtraum im Osten des Kongo und unseren elektronischen Geräten habe ich auf Contextlink schon mehrfach berichtet. Im kommenden September soll jetzt ein DOK-Film zum Thema in die Kinos kommen: "Blood in the Mobile". Dies ist der Trailer dazu:
Auch wenn ich den Film natürlich noch nicht gesehen habe, scheint mir das schon jetzt ein Stück aus der Abteilung "Journalismus at its best". (Das gibt es noch!). Aus zwei Gründen:
1. Das Thema ist hochrelevant
2. Der journalistische Approach
zu 2. Der journalistische Approach:
Der dänische Autor, Frank Piasecki Paulsen, verbindet sein Informationsbedürfnis mit seiner Lust auf Abenteuer. Er wagt es, ein Thema, das weder neu noch in den Westmedien besonders gefragt ist, anzugehen. Mit viel Aufwand.
Zur PR seines Dok-Films hat er nicht nur eine spezielle Homepage, inkl. Facebook Fanseite eingerichtet, sondern er hat während den Dreharbeiten einen Videoblog mit 10 Beiträgen (Screenshot von F. Paulsen rechts) geführt. Diesen Blog finde ich als Mich-irgendwie-verwandt-Fühlender besonders aufregend: Frank spricht vor Ort, spontan in die Kamera, und erlaubt damit nicht nur seltene Einblicke in die Arbeit eines Reporters im Feld, sondern auch in seine persönliche Befindlichkeit in der heiklen Situation. Das wirkt unglaublich authentisch und diese Reportageform schafft bei mir eine maximale Identifikation mit diesem Reporter-Menschen und löst lange Gedankenreisen in meine eigene Zeit im Kongo aus.
Zu 1. das Thema ist hochrelevant:
Der Zusammenhang zwischen der endlosen Katastrophe im Ost-Kongo, der Ausbeutung der Bodenschätze im Ostkongo (Kivu) und unserem Bedarf nach diesen Materialen unter anderem in unseren Handys und Computern ist hochaktuell. Vergeblich versuchen NGOs wie "Global Witness" seit Jahren, die westlichen Hersteller unserer elektronischen Geräte dazu zu bringen, keine Materialien aus den Bürgerkriegsgebieten zu verwenden, weil damit die Konflikte finanziert und am Leben erhalten werden.
Im letzten Sommer hat Global Witness einen grossen Bericht mit breiter Dokumentation der Zusammenhänge herausgegeben: "Faced with a gun, what can you do?" (siehe auch Contextlink dazu)
Die Hoffnung, dass sich mit dem Ende des Bürgerkriegs zu Beginn des letzten Jahres endlich auch die Verhältnisse im Ostkongo bessern werden und unter anderem das illegale Minenwesen unter Kontrolle kommen werde, haben sich inzwischen als (neue) Illusion erwiesen.
Weder hat sich die Situation für die Zivilbevölkerung verbessert, noch ist ein Ende des ungeregelten Rohstoffgeschäfts in Sicht.
Eben berichtet Global Witness, die grössten Casserite-Minen in Bisie, im Raum Walikale (siehe Karte rechts von Global Witness) , wo der Dok-Film "Blood in the Mobile" gedreht wurde, sei jetzt unter Kontrolle der CNDP, der ehemaligen von Ruanda unterstützen Rebellen-Armee von Laurent Nkunda. Die CNDP wurde beim Friedensabkommen zu Beginn des letzten Jahres in die reguläre kongolesische Armee eingegliedert. Mit Unterstützung durch reguläre ruandische Verbänden haben sie 2009 die FDLR, die aus Resten der nach dem Völkermord in Ruanda 1994 geflüchteten Hutu-Armee besteht, gemeinsam gejagt. Insbesondere haben diese Hutu-Einheiten seit rund 15 Jahren auch die wichtigsten Zinn- ( Casserite- und Coltan-)Minen) unter anderem in Bisie/Walikale (Bild links) kontrolliert. Diese haben jetzt also die ehemaligen Rebellen der CNDP geerbt. Irgendwie musste ja das Einlenken der Nukunda-Armee und ihre Eingliederung in die reguläre kongolesische Armee abgegolten werden.
Damit aber sind wir wohl von einer Regelung der Verhältnisse im Minengeschäft des Ost-Kongo so weit entfernt wie zuvor. Es wird so weiter gehen, wie die letzten 15 Jahre: Bereicherung lokaler Businessgrössen und Warlords, grosses Leid für die lokale Bevölkerung.
Ein Bann der Rohstoffe aus dem Krisengebiet ist nicht in Sicht. Wir werden weiter mit Blut in unseren Handys telefonieren.
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