Fast unbemerkt von der medialen Öffentlichkeit im Westen haben die USA im Kampf um Einfluss und Rohstoffe in der neuen Weltordnung einen wichtigen Etappensieg errungen: In Afrika, genauer im Kongo. Die Ausdehnung des Einflusses Chinas im Land mit den grössten Rohstoffreserven Afrikas scheint gestoppt. Vor allem hat die neue Obama-Administration demonstriert, dass sie sich wieder aktiv einmischen wird in Afrika und den Chinesen nicht einfach das Feld - und die Rohstoffe - überlassen wird.
Es besteht heute tatsächlich eine realistische Hoffnung auf Frieden - und damit auf Entwicklung - im Kongo, nach schier endlosen Jahren des Kriegs. Die ruandischen Truppen haben letzte Woche das Land abmachungsgemäss wieder verlassen (Foto links: AP), nachdem sie ihre gemeinsame Operation mit der kongolesischen Armee zur Zerstörung der Reste der Hutu-Armee erfolgreich abgeschlossen haben. Möglich gemacht hat das eine dezidierte diplomatische Offensive der neuen US-Administration, die schon vor Obamas Amtsantritt im Januar begonnen hat, wie Colette Braeckman (Bild rechts), die Grande Dame des Journalismus in Zentralafrika, in ihrem jüngsten Blogbeitrag detailliert beschreibt. Resultat der US-Initiative war eine noch Anfang 2009 nicht vorstellbare 180-Grad-Wende der Politik Ruandas und des Kongo mit der jetzt gemeinsam abgeschlossenen Militäroperation in den Kriegsprovinzen Nord- und Süd-Kivu.
Hintergrund: Kampf um Bodenschätze
Natürlich geht es im Kongo wie immer (auch) um Bodenschätze. Der Westen, die Europäer und die Amerikaner, waren ziemlich erschrocken, als die Chinesen im Frühling 2008 einen 9 Milliarden Dollar - Deal mit dem Kongo abschlossen. Dazu brachte die BBC Newsnight letzten Sommer einen spannenden Hintergrund Report:
(Die Folgen 2 und 3 des Newsnightprogramms zum China-Kongo Deal sind hier und hier)
Der China-Deal als Hintergrund für den Krieg im Kivu?
Mit dem Vertrag verpflichten sich die Chinesen also, rund 3500 Kilometer Strassen und Eisenbahn zwischen den Bergbaugebieten im Süden (Kupfer, Kobalt) und dem Kivu im Nordosten (Gold, Diamanten, Coltan, Uran) zu bauen. Als Gegenleistung wurden ihnen umfangreiche Schürfrechte für Kupfer zugesichert. Noch fehlte aber die offizielle Bestätigung. Eine Spezialkommission des kongolesischen Parlaments (Kommission Lutundula) hatte schon 2005 eine Überprüfung aller Konzessionsvergaben abgeschlossen, aber die Regierung Kabila zögerte, ihre Entscheidungen bekannt zu geben, (Der Rapport der Parlamentskommission ist hier zu finden).
Als der von Ruanda unterstützte Rebellenführer Laurent Nkunda im Sommer 2008 seine Offensive im Kivu begann, ging sofort das Gerücht, er tue dies im Auftrag Ruandas, welches wiederum die Interessen der westlichen Minenunternehmen vertrete; diese seien mit der bevorstehenden Vergabe der Bergbaukonzessionen nicht einverstanden. Prompt wurde der Vergabe-Prozess denn auch von Kinshasa wegen des neuen Krieges ausgesetzt. (Hintergründe dazu unter anderem hier). Laurent Nkunda erklärte mehrfach öffentlich, eines der Ziele seiner Offensive sei die Verhinderung des Deals mit China.
In der Praxis des Krieges hat Nkunda Gebiete im Ostkongo erobert, in welchen sich auch Coltan- und Diamantenminen befanden, die von den FDLR-Milizien, den aus Ruanda geflohenen "Génocidaires"-Hutu, beherrscht wurden. Dass Nkunda Ende Oktober letzten Jahres die Provinzhauptstadt Goma nicht eingenommen hatte, kann nur mit einem Veto der Ruander erklärt werden, die ihrerseits Nkunda die Eroberung der Stadt nicht gestatteten, weil sie international unter Druck geraten waren. Wäre die Stadt gefallen, hätte dies nicht nur die Regierung Kabila in Kinshasa akut gefährdet, sondern auch die UNO maximal desavouiert, weil offensichtlich geworden wäre, wie macht- und hilflos die zahlenmässig grösste UNO-Aktion MONUC de Facto ist.
Anfang Februar berichtete die Financial Times, dass westliche (Geld-) Geberländer via den IMF Druck auf den kongolesischen Präsidenten Joseph Kabila ausübten, den China-Deal zurückzunehmen, ansonsten könne der vom Kongo so dringend benötigte 11 Milliarden US-Dollar-Schuldenerlass nicht bewilligt werden.
Weiter beschleunigt wurde das Bedürfnis des Westens - und nicht zuletzt der westlichen Rohstoff - Produzenten und - Händler - nach Frieden im Kongo durch die Entdeckung neuer, grosser Erdölreserven im Raum des Albert-Sees im Grenzgebiet zwischen dem Kongo und Uganda im Nord-Kivu.
Mit der neuen Obama-Administration in Washington, die aussenpolitisch von Clintonians dominiert werden, sind auch wieder die Kreise in den USA viel einflussreicher, die es schon unter Präsident Clinton ihre starken Firmen-Interessen (Bechtel Engineering, American Mineral Fields, etc.) im Gebiet der Grossen Seen zu einem allgemeinen politischen Interesse der USA zu machen. (siehe u.a. hier und hier).
Neues US-Engagement in Afrika
Diese alten Interessen, verbunden mit Obamas persönlicher Beziehung zu Afrika. und der Wettlauf um Einfluss und Rohstoffe in der neune Weltordnung haben jetzt offenbar dafür gesorgt, dass sich die USA wieder vermehrt in Afrika engagieren als dies unter der Bush-Administration der Fall war.
Man darf jetzt gespannt sein, was mit dem China-Deal im Kongo geschehen wird. Eine simple Streichung ist eigentlich nicht denkbar. Zu viele profitieren davon. Auch die westlichen und amerikanisch-kanadischen Firmen (inkl. die schweizerische Glencore/Katanga), die hinter der US-Initiative stehen. Wenn die Chinesen die dringendst benötigte Infrastruktur bauen, stärkt das auch die Position westlicher Firmen und ihre Investitionen im Kongo. Es erlaubt ihnen, die Rohstoffe einfacher aus dem Lande zu bringen. Interessanterweise würden die chinesischen Strassen- und Eisenbahnprojekte dafür sorgen, dass die Reichtümer des Kongos über die Ostafrikanischen Wirtschaftszentren (Uganda, Kampala) und von dort wohl zum grössten Teil via den Hafen von Daressalam (Tansania) aus dem Land transportiert würden, womit die östlichen Nachbarn Uganda und Ruanda wohl wichtige wirtschaftliche Ziele erreicht hätten. Mittelfristig ist deshalb auch damit zu rechnen, dass sich die Demokratische Republik Kongo zu einem zentralen Player in einer der aktuellen Formen der Ostafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaften engagieren wird.
Keine "Balkanisation" des Kongo
Nicht eingetroffen ist die grösste Befürchtung vieler Kongolesen: "Die Balkanisation des Kongo". Natürlich ist der jetzt erhoffte Friede eine Pax-America, wie "Le Potential" in Kinshasa schreibt. Bis Dato ist nicht eingetroffen, was man in Kinshasa seit Monaten befürchtete: Der Kongo ist nicht von den Siegermächten (Ruanda, Uganda und im Westen Angola) aufgeteilt worden. Im Gegenteil: Die gemeinsame Offensive der schwachen kongolesischen Armee hat mit den starken Verbänden Ruandas und Ugandas dafür gesorgt, dass "die Nationalflagge (des Kongo) über der ganzen Provinz Kivu flattert, es gibt keine Strassensperren und keine Pralellverwaltung der Rebellen mehr ...", stellt Colette Braeckman in diesen Tagen bei ihren Arbeiten im Kivu fest: "Qu'on enjuge."
Kabila gestärkt. Neue Partnerschaften?
Damit ist zumindest fürs erste auch das hohe Risiko aufgegangen, das Staatspräsident Joseph Kabila (rechts im Bild neben Paul Kagame) eingegangen ist, als er die - verhassten - ruandischen Truppen im Februar ins Land liess. Wäre die Aktion gescheitert, wären seine Tage an der Macht - und sein Leben - wohl gezählt gewesen.
Es ist allerdings davon auszugehen, dass auch die Rechnung der Ruander mit dem überraschenden Manöver aufgegangen ist: Mit der - wahrscheinlichen - Ausschaltung der Hutu-Armee im Kongo, ist die jahrzehntelange Bedrohung der Westgrenze Ruandas beendet. Darüber hinaus hat sich Ruanda als neuer Darling des Westens und speziell der Amerikaner bestätigt. Der schwarze Fleck auf der sauberen Weste Ruandas, der Bürgerkrieg im Kivu mit ruandischer Unterstützung ist beseitigt und nicht zuletzt dürfte sich Kigali die Interessen der ruandischen Businessleute in den Gold-, Diamanten- Coltan- und Uranminen im Kivu gesichert haben.
Wie auch immer: Der Präsident des Kongo, Joseph Kabila hat seine Position nicht nur gerettet, sondern gestärkt. Quasi als "Krönung" seines Erfolgs haben die USA dem Kongo eben beeindruckende Hilfsprogramme zugesichert, deren Summe die Budgets der Europäer weit überschreiten.
Grosse Gewinner aber sind die Amerikaner und ihre Verbündeten: Die Regierung Kabila wird sich künftig wieder verstärkt an den Interessen der USA und deren Bergbaufirmen orientieren. Für die Chinesen ist das ein herber Rückschlag.
Speziell bemerkenswert: Der erste schwarze Präsident der USA hat seinen ersten grossen geostrategischen Erfolg in Afrika errungen.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen