Samstag, 21. Februar 2009

1340 tote Palästinenser reichen nicht, um in Israel Regierungschef zu werden.

Foto: AP

"Bibi" Netanyahu soll die neue israelische Regierung führen. Staatspräsident Peres hat dem Hardliner von der Likud-Partei gestern den Auftrag für eine Regierungsbildung erteilt. Die knappe Wahlsiegerin Zipi Livni von der "Zentrumspartei" Kadima soll wenigsten als Koalitionspartnerin mitregieren dürfen.

(Fast) alle Analysten waren sich an Weihnachten über den wahren Grund des Kriegs gegen Gaza einig: "Dies ist ein Wahlkampf-Krieg". (Siehe auch den Contextlink-Beitrag vom 29. Dezember). Zynisch pointiert hat das Paul Woodward in einem Beitrag für "War in Context" formuliert. Es gehe bei den Wahlen in Israel darum: "Wieviele Palästinenser muss man töten, wenn man Premierminister in Israel werden will?" Die Antwort heisst: 1340 reichen nicht.

Kriegsziel Wiederwahl gescheitert
Es ging der scheidenden Regierung Livni/Barak Ende Dezember nicht in erster Linie darum, die ständige Bedrohung durch selbstgebastelte Raketen, welche die Hamas auf israelisches Gebiet knapp nördlich des Gazastreifens feuerte, zu beenden. Es ging darum zu verhindern, dass Bejamin Netanyahu die Wahlen im Februar 2009 gewinnen würde. Zipi Livni und vor allem Ex-General Ehud Barak wollten den israelischen Wählern zeigen, dass sie sehr wohl fähig sind, hart gegen die Hamas vorzugehen, wie das viele von Netanyahu erwarten/erhoffen.

Das zynische Kalkül ist nicht aufgegangen. Der Hardliner Netanyahu wird trotzdem regieren. 1340 Menschen in Gaza, darunter mehr als 400 Kinder, wurden vergeblich geopfert. Ganze Dörfer und Stadtteile wurden zerstört, Millionenschäden wurden angerichtet. Hätte die Regierung Zivni/Baruk darauf verzichtet - das Resultat der Wahlen wäre daselbe gewesen.

Wahlkampfopfer palästinensische Zivilbevölkerung
Die reale Tragödie der palästinensischen Zivilbevölkerung im Gazastreifen scheint die westliche, mediale Oeffentlichkeit schon fast wieder verdrängt zu haben. Die Bevölkerung in Gaza kämpft aber noch lange nicht nur mit den physischen, sonder auch mit den psychischen Zerstörungen des Kriegs. Dazu möchte ich eine Reportage von Al-Jazeera's Ayman Mohyeldin anfügen:

Verlierer Israel
Zu den Verlierern der Gaza-Kriegs gehört aber nicht nur die palästinensische Bevölkerung, sondern auch Israel selbst: Die Welt hat noch einmal in aller Deutlichkeit vor Augen geführt bekommen, dass Israels Politiker jederzeit bereit sind, für ihre persönlichen, kurzfristigen Ziele, die Interessen der übrigen Welt für einen dringenden und mittelfristig unumgänglichen Frieden mit der islamischen Welt zu unterlaufen und zu torpedieren.

Insbesondere Europa - inklusive seine wichtigste Macht Deutschland - ist ziemlich ernüchtert und hat - hoffentlich - seine Lektion jetzt endlich gelernt: Es kann nicht mehr länger akzeptiert werden, dass Israel einem dringend nötigen Frieden im Nahen Osten im Weg steht. Es muss rasch eine Lösung für einen Frieden gefunden werden, der nicht einseitig die Interessen Israels, sondern mindestens so sehr die Interessen der arabischen Welt und der Palästinenser berücksichtigt.

Und es bleibt weiter zu hoffen, dass immer mehr Menschen in Israel begreifen, dass es keine Zukunft für sie gibt, wenn es Israel nicht gelingt, mit den unmittelbaren Nachbarn in Frieden zusammen zu leben.

Wenn diese Einschätzung richtig ist, dann hat der unsinnige, egoistische Krieg der israelischen Politiker aber doch etwas gebracht: die Chance für eine Beschleunigung des Prozesses zu einem Frieden im Nahost, wenn auch nicht in dem Sinne, wie ihn sich diese Politiker wohl vorstellen.

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