Buchstäblich mit Gewalt springt uns Asien zur Zeit ins Bewusstsein. Blutiger Terrorismus in Indien, Massenproteste in Thailand.
Gleichzeitig beginnt sich die westliche Welt darauf einzustellen, dass Asien eine neue, starke Rolle in der Weltordnung nach der aktuellen Wirtschaftskrise spielen wird. Und es ist offensichtlich: Der Westen muss zuerst lernen, mit diesem Asien umzugehen. Er muss es schnell tun, denn Asien wird nicht warten.
Es gibt Kreise im Westen, die Asien - und speziell China - zum neuen Feindbild hochstilisieren und es gibt Kreise, die Asien als neue Positivkraft einer post-anglophonen Moderne sehen.
Geradezu euphorisch feiert der Singaporer Politikwissenschaftler Kishore Mahbubani „Die Rückkehr Asiens“ und „Das Ende der westlichen Dominanz“. Diese asiatische Sicht auf die Welt tut richtig gut. Allerdings werden einige der Einschätzungen, die Mahbubani bei der Niederschrift seines Buches 2007 gemacht hat, durch die aktuelle Entwicklung als all zu optimistisch entlarvt.
Angesichts des schrecklichen Islamistischen Terrors, den die Welt zur Zeit via Fernsehen in der Indischen Megastadt Mumbai miterlebt , würde ich ihn gerne Fragen, wie dieser Gewaltexzess, der nur der bisherige Höhepunkt einer ganzen Reihe terroristischer Ereignisse in Indien in den letzten Jahren war, mit seiner Einschätzung zusammengeht, Indien werde künftig in der neuen Welt ein Motor der Integration unterschiedlicher Kulturen sein (S: 190): „Die indische Fähigkeit, andere Kulturen aufzunehmen, könnte die Rolle Indiens in den Beziehungen zwischen dem Osten und dem Westen bestimmen.... Diejenigen im Westen, die ein friedliches Zusammenleben mit der islamischen Welt für unmöglich halten, sollten sich ansehen, wie es Indien gelungen ist, so viele Kulturen zuzulassen – von der hinduistischen, über die buddhistische und islamische bis zur christlichen – und wie die meisten von ihnen während des grössten Teils seiner Geschichte in Frieden miteinander lebten.“
Auch Mahbubanis Einschätzungen über die neue Rolle Chinas in der neuen Weltordnung werden stark relativiert: China wird von der vom Westen ausgegangen Finanzkrise viel stärker betroffen als erwartet. Die Abhängigkeit Chinas von den Märkten in den USA, Europa und Japan ist offensichtlich, genauso wie die sozialen Probleme.
Da ist aber beileibe kein Grund für den Westen, irgendwie zu triumphieren, wie das erstaunlicherweise der Herausgeber der „Zeit“ , Josef Joffe, in der neusten Ausgabe (49/2008) passiert: „Die Krise zeigt gnadenlos die Schwäche Asiens.“ Richtig zynisch wendet er sich „den asiatischen Aufsteigern zu, die bekanntlich gerade dabei sind, 200 Jahre westlicher Vorherrschaft zu knacken.“ Mit Blick auf die Auswirkungen der aktuellen Krisen macht Joffe einen „Zwischenbericht: Die Aufsteiger werden weder die Retter noch die Rächer geben: Sie sind selber Teil der globalen Krise, und in der offenbaren sie nur ihre Schwächen.“
Fast scheint es, als habe Joffe bei seiner Erleichterung schon im Titel „Abendland ade? Keinesfalls“ nicht alle Artikel in der aktuellen Ausgabe der eigenen Zeitung gelesen: Max Otte schreibt in seinem sehr spannenden Beitrag im Zeit-Dossier „Wo ist das Geld geblieben“, wie China die aktuelle Krise nutzt, „um sich billig in westliche Firmen einzukaufen“.
200 Milliarden Dollar stehen dem chinesischen Staatsfond CIC für Investitionen zur Verfügung.“ Gao Xiqing, der Chef der CIC, hat den Auftrag, „80 Milliarden davon in ausländische Unternehmen zu investieren“. So hat er für 5 Milliarden Dollar Anteile der grössten US-Investmentbank Morgan Stanley übernommen und als er gar den chinesischen Anteil auf 49 Prozent steigern wollte, sind die Amerikaner in die Arme der Grossbank Mitsubishi UFJ geflohen, einem anderen asiatischen Grosseinkäufer im Westen.
„Schon länger fürchten amerikanische Politiker“, schreibt Otte, „ die Chinesen wollten ihr Land aufkaufen. Gao Xiqing hat darauf immer die gleiche Antwort: Politische Einflussnahme sei nicht sein Auftrag. 'Wir wollen nur Profit machen'. Er hat eben erst angefangen.“
Chinas Weg in die Moderne scheint unaufhaltsam, dürfte aber nicht so schnell dominant stattfinden, wie das Mahbubani 2007 gehofft hat. Aber viele Entscheidungsträger und möglichst viele ihrer Berater sollten Mahbubani lesen. Er hilft, die Sichtweise Asien zu verstehen, nicht zuletzt auch, dass der Westen vom Aufstieg Asiens nichts zu befürchten hat, sondern vielmehr davon profitieren wird.
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