Der Finanzgipfel von Washington hat viele positive Zeichen, viel Zuversicht und erwartungsgemäss nicht viel wirklich Konkretes gebracht. Stratfor-Herausgeber George Friedmann nennt die Schlusserklärung gar "meaningless", bedeutungslos. Die Lösung der Wirtschaftskrise scheint plötzlich nicht mehr so dringlich. Die Welt wartet auf den neuen US-Präsidenten Obama. Die G-20 will sich erst im nächsten März wieder treffen.
Noch immer standen in washington die Regierungschefs des Westens bei den Medienkonferenzen im Vordergrund - zumindest in denen, die bei uns gezeigt wurden. Aber für alle scheint es jetzt selbstverständlich, dass eine ganze Reihe Staaten aus anderen Kontinenten künftig nicht mehr nur zur Kaffeepause eingeladen sein werden, wie es Brasiliens Finanzminister Guido Mantega formulierte, sondern mit am Tisch sitzen und mit entscheiden werden. Das sind auch Schwellenländer wie Brasilien aus Südamerika, aber vor allem ist es Asien ( China, Indien, Iran, Saudiarabien).
Der Singaporer Politikwissenschaftler Kishore Mahbubani hat ein Buch geschrieben, das weltweit Beachtung findet.
Nicht nur schreibt Mahbubani selbstbewusst, "der Aufstieg Asiens wird der Welt gut tun", gut tut vorallem auch seine andere Sicht auf die Welt. Schon der Titel zeigt das: "Die Rückkehr Asiens".
Da spricht das Selbstvertrauen und Bewusstsein eines Menschen, der sich in einer Tradition versteht, die sich vor dem Westen nicht zu verstecken braucht.
Immer frappierend für uns Westler ist schon die Perspektive, aus der ein Asiate die Welt betrachtet. Wir sind auf ihrem Globus, auf ihrer Weltkarte irgendwo am äussersten Rand links-oben, kaum wahrnehmbar. Die Welt, die im Blickfeld, die im Zentrum steht, beginnt für die absolute Mehrheit der Menschen dieser Erde ganz links aussen mit Israel und endet rechts mit Japan. Israel und Japan bezeichnet Mahbubani in seinem Buch als "die beiden einzigen modernen Gesellschaften Asiens" im alten (westlichen) System.
Israel gehört zu Asien. Das ist geographisch unbestritten, aber für uns - und für Israel selbst - gehört Israel klar zur westlichen Hemisphäre. Erst an Israels Ostgrenze beginnt für uns "die fremde Welt".
Auf Grund seiner asiatischen Sicht auf die Welt, ist es aber für Mahbubani nichts als logisch, dass es eine Lösung für Israel nur gemeinsam mit den anderen asiatischen (arabischen) Staaten am Westende Asiens geben kann.
In einem ausführlichen Gespräch mit dem Leiter des angesehenen "Institute of International Studies" der Universität Berkley California, Harry Kreisler" erläutert Mahbubani seine Thesen.
Für Mahbubani wird die Welt dank dem Aufstieg Asiens sicherer und stabiler. Der Westen müsse sich nicht vor der aktuellen Machtverschiebung - oder zumindest der neuen Machtteilung - fürchten, sondern er könne sich viel mehr darüber freuen. Asien werde nicht einfach die Werte des Westens übernehmen, sondern zusätzlich eigene Kompetenzen einbringen.
In einem Interview mit dem Spiegel unter dem Titel "Schluss mit Belehrungen" hat Mahbubani zum Beispiel erläutert, warum es in der Welt auch Platz für autoritäre Regimes geben müsse:
SPIEGEL: Lehren Sie Ihre Studenten, dass autoritäre Staatsformen unter Umständen besser sein können als demokratische?
Mahbubani: Interessant, dass es in Ihrem Verständnis nur Schwarz oder Weiß gibt, demokratisch oder autoritär.
SPIEGEL: Gibt es Zwischenformen?
Mahbubani: Ja. Uns geht es um verantwortungsbewusste Regierungsführung. Alle Staaten müssen verantwortungsbewusst geführt werden, Entwicklungsländer aber ganz besonders. Ob man das autoritär oder demokratisch macht, ist erst mal nicht so wichtig. Die Form muss zu einer Gesellschaft und zu ihrem Entwicklungsstand passen. China zum Beispiel wird nicht demokratisch regiert, aber verantwortungsbewusst.
Eine zentrale Rolle wird auch für Mahbubani der Iran spielen, nicht nur als Brücke zwischen Asien und dem Mittelmeerraum und Europa.
Den gleichen Blick auf die Welt hat auch ein anderer wichtiger Player der neuen Weltordnung, der Regierungschef Singapurs, Lee Hsien Long.
Asien werde gestärkt aus der Weltwirtschaftskrise hervorgehen, sagt er im Interview in der "Zeit" (Printausgabe 47/08), und an Einfluss gewinnen. Gleichzeitig beruhigt er den Westen mit einem auf den ersten Blick bescheidenen Argument: "China kann die Welt nicht retten." Die Krise habe dem Ansehen des Westens in Asien zwar geschadet und die Weltwirtschaft werde multipolarer. "Doch wenn es um Macht geht, denke ich, dass die USA die einzige Supermacht sind und es für eine ganze Weile noch bleiben werden. Die Chinesen wissen, dass sie sich auf ihr Wirtschaftswachstum konzentrieren und mit der Rückständigkeit und Armut eines grossen Teils ihres Landes umgehen müssen."
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