Dienstag, 25. Januar 2011

Wettlauf um Guinea (Up-Date 26.1. 0700)

Prospektionsarbeiten Eisenerzmine Simandou (Guinea)
Wie Contextlink eben erfahren hat, hat Präsident Condé seinen Besuch in Davos abgesagt. Er ist heute und morgen in Tripoli und wird am Wochenende am African-Union-Gipfel in Adis Abeba erwartet. Weil die Hintergrund-Infos aber weiter gültig sind, lasse ich den Blogpost von gestern 25.1. stehen:

Alpha Condé am WEF ! Diese Schlagzeile wird's in den Medien nicht geben. Doch der neue Präsident aus Guinea ist in Davos dabei und seine Agenda  dürfte schon länger ausgebucht sein. Insbesondere Regierungsvertreter und Lobbyisten aus China, Brasilien, Russland und Australien umschwärmen den 73-jährigen ersten zivilen Präsidenten Guineas seit seiner offiziellen Amtseinsetzung am vergangenen 22. Dezember.
Guinea, zur Zeit (noch) eines der ärmsten Länder dieser Welt, ist wohl die fetteste Beute, die auf dem Weltrohstoffmarkt zu verteilen ist:

Im Boden des kleinen Landes an der westafrikanischen Küste lagern nicht nur rund die Hälfte der bekannten Bauxitvorkommen (Aluminium) dieser Erde, sondern auch "eines der wertvollsten Vorkommen" an Eisenerz. Nur nebenbei verfügt das Land gemäss dem US-Aussenministerium auch noch über "bedeutende Diamanten- und Goldvorkommen."

Schon letztes Jahr hatte der damalige Minenminister frohlockt, Guinea werde "bis in vier Jahren einer der wichtigsten Player im Weltmarkt für Eisenerz" sein und "bis in sechs Jahren drittgrösster Eisenerzproduzent der Welt."

Jetzt werden die Karten im Poker um die Guinea-Konzessionen definitiv neu gemischt.
Condé und Compaoré am Sonntag in Ouagadougou
Schon vor seinem Amtsantritt hatte Alpha Condé angekündigt, er werde sämtliche Konzessionsvergaben neu prüfen. Doch seine Erklärung vom vergangenen Sonntag anlässlich seines Besuchs bei Burkina Fasos Staatspräsident Blaise Compaoré versetzt die Bergbaumultis und das dazugehörige Welt-Rohstoffbusiness geradzu in einen Zustand des Schocks: "Wir haben drei bis fünf schwierige Monate vor uns, denn ich habe entschieden, die (Konzessions-)Verträge vorläufig nicht neu zu verhandeln, sondern stattdessen eine neue Minenpolitik zu definieren, die Guinea mindestens eine Drittel-, das heisst eine Blockier-Minderheit gibt." Mit einer neuen Minengesetzgebung will Condé sicherstellen, dass die internationalen Bergbaukonzerne künftig nicht mehr den Löwenanteil der Milliardengewinne aus den guineischen Bodenschätzen ins Ausland abführen, sondern ein angemessener Teil der Zig-Milliarden-Erlöse zur Entwicklung Guineas verwendet werden. Gleichzeitig will er der in der  Branche üblichen Korruption den Riegel schieben.
Diese Ankündigung einer neuen Minenpolitik, so ein Insider der Rohstoffszene gegenüber Contextlink, "will scare a shit out of the mining companies".
Panik herrscht offenbar insbesondere bei der australischen Rio Tinto (und ihrem chinesischen Partner Chinalco) und beim russischen Aluminium-Multi Rusal.

Die besten Karten scheint momentan der grösste Eisenerzproduzent der Welt, der brasilianische Bergbaukonzern Vale zu haben. Prinzipiell geniessen die Brasilianer in Afrika - als ehemalige Drittweltnation - mit einem starken schwarzen Bevölkerungsanteil eine ganz besondere Stellung. Vor allem aber liegt auf Alpha Condés Präsidenten-Tisch in Conakry eine Milliarden-schwere Offerte der Brasilianer. Sie wollen in den nächsten 5 Jahren satte 8 Milliarden US-Dollar in Guinea investieren. Eine Milliarde davon soll in Infrastruktur- und Sozialprojekte fliessen. Vale hat angeboten, "als Geschenk" für Guinea" eine Eisenbahnverbindung von der Hauptstadt Conakry quer duchs Land bis Kankan im gebirgigen Osten zu bauen (640 Kilometer). 7 Milliarden Dollar fliessen in die Entwicklung von Block I und II der Simandou-Minen in den Nimabergen nahe der Grenze zu Liberia. Die Rede ist von einer jährlichen Produktion von 100 Millionen Tonnen Eisenerz.

Schwer unter Druck ist vor allem Rio Tinto, Hauptkonkurrent von Vale, sowohl im weltweiten Eisenerzmarkt wie auch in Guinea. Bis im Februar müssen die Australier (und Chinesen) offiziell auf ihre Rechte in den südlichen Blocks I und II der Simandou-Minen verzichten, ansonsten will ihnen das guineisches Minenministerium auch die Konzessionen für Block III und IV (im Norden) entziehen.
Diese Deadline hat ihnen noch der letzte Minenminister der eben friedlich abgetretenen Militärregierung, Mahmoud Thiam, gesetzt. Die Militärs hatten Thiam anfang 2009 bei der UBS in New York abgeworben, um endlich Ordnung in das von Korruption durchsetzte Minengeschäft zu bringen. Er hat den Australiern zuerst die Hälfte der Konzession in den Simandou-Bergen entzogen und an den israelischen Diamantenhändler Benny Steinmetz weiter verkauft. Dieser hat dann im Frühjahr 2010 seine 51%-Anteile eben an Vale weitergegeben. Für 2.5 Milliarden Dollar.

Alpha Condé, erster ziviler Präsident Guinea (Conakry)
Mit dem Regierungswechsel hatte Rio Tinto gehofft, diese bedrohliche Entwicklung rückgängig zu machen. Rio-CEO Tom Albanese hat sich am 19. Dezember in Conakry mit Alpha Condé getroffen, drei Tage vor der Amtseinsetzung des neuen Präsidenten.
Wie Contextlink aus Conakry erfahren hat, muss der mächtige Rio-Boss beim ehemaligen Politologieprofessor aber bös auf Granit gebissen haben. Bereits nach 20 Minuten war die Audienz beendet. Condé habe den Rio-Leuten kurz und knapp erklärt, er denke nicht daran, die rechtlich verbindlichen Entscheide Thiams umzustossen.
Sowohl der Entzug der Rechte für Simandou I und II gelte, wie auch die Deadline für Simandou III und IV mitte Februar.

Und wie ernst es dem neuen Präsidenten mit der Neuordnung des Minensektors ist, wissen die Bergbaumultis spätestens seit dem vergangenen Sonntag: Ein Drittel der Gelder aus den Rohstoffminen für die Staatskasse. Solche Bedingungen mussten die Rohstoffkonzerne noch nirgendwo sonst akzeptieren.

"Dies", sagt der Insider-Kontakt von Contextlink, "wird die heisseste Thematik am WEF in Davos sein unter den Banken, Investoren, Bergbauunternehmen und überhaupt unter all den Leuten, die von Rohstoffen leben."

Der Wettlauf um Guinea ist in vollem Gang. Aber die Bedingungen scheinen für einmal nicht die ausländischen Multis zu diktieren. (inch'allah!)

PS:
Es deutet einiges darauf hin, dass der neue Präsident bisher wirklich resistent ist gegen die im Minenbusiness übliche Praxis der üppigen Bestechungsgelder. Und dem Vernehmen nach wacht Condé auch mit Argusaugen darüber, dass sich keiner seiner Minister oder sonstigen Minenveranwortlichen von den offerierten Geldkoffern verführen lässt.
Sollte Condé das tatsächlich gelingen, dann ist Guinea definitiv "unterwegs zur afrikanischen Positivgeschichte."

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