Donnerstag, 30. Dezember 2010

Guinea: Unterwegs zur afrikanischen Positiv-Geschichte

Alpha Condé, neuer Präsident von Guniea (Conakry)
Afrika ist zur Zeit wieder einmal in den Schlagzeilen der Westpresse. Natürlich negativ. Der Sudan ist unterwegs zum 38. Bürgerkrieg und die Elfenbeinküste bestätigt alle unsere Vorurteile: Afrika ist nicht zur Demokratie fähig.
Keine Schlagzeilen macht ein anderes Land westlich der Elfenbeinküste, auch wenn es Positiv-Schlagzeilen verdient hätte: Guinea. Während die mediale Welt zusieht, wie sich die Elfenbeinküste - respektive ihre politischen Machthaber - selbst im Weg steht, hat Guinea nach über 50-Jahren Militärherrschaft eben den friedlichen Übergang zu einer zivilen Regierung geschafft.

Am 22. Dezember wurde der "ewige Oppositionelle", Alpha Condé (73), lange Jahre Politologie-Professsor an der Sorbonne in Paris, offiziell in das Amt des Präsidenten eingesetzt. Demonstrativ hat der letzte militärische Machthaber, Sékouba Konaté, Condés Arm nach der Amtseinsetzung zum Triumph erhoben.  (Bild rechts).

Tatsächlich haben es die Militärs unter Konaté nach 50-Jahren Gewaltherrschaft ermöglicht, dass im vergangenen Sommer die ersten freien und fairen Wahlen im vornehmlich muslimischen Guinea stattfinden konnten. (Ein ähnlich erfreulicher Prozess scheint zur Zeit übrigens in Niger im Gang.) Gewonnen hat mit Alpha Condé nicht der Kandidat, den die Militärs favorisiert hatten. Aber anders als an der Elfenbeinküste, hat der unterlegene Favorit der Militärs, Cellou Dalein Diallo, nach einigem Zögern den Wahlsieg des 73-jährigen Oppositionellen anerkannt.
Möglich gemacht hat das nicht zuletzt grosser internationaler Druck. Nicht nur die ehemalige Kolonialmacht Frankreich hat offenbar im Hintergrund heftig gewirkt, auch die USA, deren Militärs künftig die guineische Armee ausbilden und damit wohl kontrollieren werden. Natürlich geht es den Westmächten nicht wirklich darum, den 10 Millionen Guineern endlich einen ähnlichen (bescheidenen) Lebensstandard zu ermöglichen, wie ihn zum Beispiel die Menschen in Ghana weiter östlich führen. Es geht - wie fast immer - um Bodenschätze. Guinea verfügt über die grössten bekannten Reserven an zwei Metallen: Eisenerz und Bauxit (Aluminium; Bild oben: Bauxitzug in der Küstenregion Gunineas). Grösster Abnehmer/Käufer dieser Rohstoffe: China.

Mit der Wahl des neuen Präsidenten werden die Karten im Poker der Weltmächtigen um die Bodenschätze Guineas neu gemischt. Schon im Wahlkampf hatte Alpha Condé angekündigt, die Vergabe der Bergbaukonzessionen zu überprüfen. Der "Kampf um Guinea", der Wettlauf um die Konzessionen, ist bereits im Gang. Die grössten Bergbaukonzerne waren selbstverständlich auch bei der Amtseinsetzung Alpha Condés vor Weihnachten präsent und buhlten um die Gunst des neuen Präsidenten. Sie versprechen, riesige Summen in das kleine, bisher mausarme Guinea zu investieren. Nicht nur in grosse Minen, sondern auch in die praktisch inexistente Infrastruktur des Landes: Strassen, Eisenbahnlinien, aber auch Spitäler, Schulen und soziale Einrichtungen.

Dies ist eine grosse Chance für Guinea. Es könnte in den nächsten Jahren zu einem Labor für Entwicklung werden, zu einem Showcase für Afrika. Im Guten wie im Schlechten. Denn Guinea wäre nicht das erste afrikanische Land, in dem sich die Bodenschätze nicht zum Segen, sondern zum Fluch entwickeln.
Der neue Präsident hat aufgrund seiner persönlichen Geschichte und aufgrund dessen, was er bisher als Politologieprofessor gelehrt hat, einen Vertrauensvorschuss verdient. Wenn er den Versuchungen zur persönlichen Bereicherung widersteht, wenn er es schafft, mit legitimen Mitteln länger an der Macht zu bleiben, und vor allem wenn es ihm gelingt, die Versprechungen der Bergbaumultis auch wahr zu machen, dann kann Guinea zur neusten afrikanischen Positivgeschichte werden; ein Vorbild für Afrika, aber auch ein Vorbild, wie die reichen rohstoffhungrigen Mächte ein afrikanisches Land nachhaltig und verantwortungsvoll entwickeln können.

Masstab dafür wird nicht allein das Bruttosozialprodukt sein oder die Demokratie, sondern in erster Linie das Wohlergehen der "normalen" Bevölkerung.

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