Mittwoch, 25. Februar 2009
Stimmungs-Umschwung: "Wirtschaftskrieg"
Natürlich hat Finma-Präsident Eugen Haltiner am Dienstag im "Club" des Schweizer Fernsehens ganz bewusst die Schlagzeile gesucht: "Wir sind in einem Wirtschaftskrieg". Ich bin mir aber nicht sicher, ob ihm klar war, dass er damit gleichzeitig eine Trendwende in der Stimmung der Schweiz und der Schweizer Bevölkerung markiert hat: Die Zeit des Banken-Bashings, der Manager-Schelte, der internen Schuldzuweisung und der Selbstzerfleischung neigt sich dem Ende zu. Haltiner hat mit seinem "Wirtschaftskrieg" indirekt die neue Parole ausgegeben: "Zusammenstehen". Der Finma-Chef bedient damit einen Reflex, einen Mythos, auf den die Schweizer Bevölkerung jahrzehntelang eingeschworen wurde, das Reduit: "Wir werden von aussen bedroht." Ins gleiche Horn hat gestern Abend auch der Präsident der Bankiervereinigung, Pierre Mirabeau, gestossen: Im Sinne des gut-alteidgenössischen "wir wollen keine fremden Richter" hat er auf die "Souveränität der Schweiz" gepocht.
Forderung nach Solidarität
In der Sprache der Politologen heisst diese Taktik, die schon manchen Krieg verursacht hat, die "Externalisierung interner Konflikte". Und am besten funktioniert das, wenn man gleichzeitig die alten Mythen bemüht.
Natürlich finden es viele Schweizer noch immer nicht ganz zu Unrecht "eine Sauerei", wieviel gewisse Manager verdienen und "dass die Banker sich immer noch Boni geben". Aber die Schadenfreude über den Sturz vieler vorher so Beneideter, ist inzwischen sogar vielen früher Zukurzgekommenen im Hals stecken geblieben.
Jetzt sollen also wieder alle hinter der Fahne vereint zusammenrücken. Es gilt der externen Bedrohung gemeinsam zu trotzen und den Finanzplatz Schweiz und seine heilige Kuh "Bankgeheimnis" zu verteidigen. Bald wird man unsere "Solidarität" einfordern, zum Beispiel über niedrigere Löhne oder höhere Pensionskassenbeiträge. Wir werden "Verständnis haben" müssen, für einschneidende "Notmassnahmen" wie Entlassungen oder Preiserhöhungen.
Die neue Komunikationsstrategie "Zusammenstehen" wird funktionieren. Nicht nur weil dabei der alte Reflex des Reduits und des Freiheitswillens der alten Eidgenossen bedient wird, sondern weil die Aussage "Wirtschaftskrieg" auch objektiv in vielen Punkten stimmt: Allzu offensichtlich nutzen da Konkurrenten aus den USA und der EU die Situation der weltweiten Finanzkrise und des Fehlverhaltens der UBS, um den Finanzplatz Schweiz zu schwächen, respektive um künftig einen grösseren Teil des Kuchens zu abzubekommen, wenn sich dann der internationale Finanzmarkt wieder erholt haben wird.
Das Reduit schadet der Schweiz
Doch diese neue Strategie ist doppelt gefährlich. Zweitens droht sie zu verhindern, das die Finanzkrise tatsächlich so tief wird, dass sie auch die nötige Wirkung erzielt. Dass die Blase dieser virtuellen Welt, in dem viel zu Viele glaubten, auf Pump und ohne realen Gegenwert reich zu werden, wirklich platzt und einer geläuterten und langfristig überlebensfähigen Realität Platz macht. Dazu gehören auch neue Köpfe, mit einem neuen Denken. Denn wie Einstein schon vor langer Zeit gewusst hat: "Man kann ein Problem nicht mit der Denkweise lösen, die es erschaffen hat." Der Rücktrott von UBS-CEO Rohner kann nur ein erster Schritt sein.
Erstens aber ist die Reduit-Strategie gefährlich, weil mit dem Abwehrhaltung gegen die Bedrohung von aussen, dieses Äussere pauschal zum Feindbild stilisiert wird. Die Schweiz besteht aber nicht nur aus dem Finanzplatz. Wir wissen auch längst, dass das Bankgeheimnis nicht überlebensnotwendig ist für den Finanzplatz Schweiz.
Exportland Schweiz braucht ausländische Märkte
Für die Schweiz überlebenswichtig sind die Exporte. Wir sind auf den Goodwill und die freundschaftliche Zusammenarbeit mit unserem Umfeld existenziell angewiesen. Nicht nur wegen der Maschinenindustrie, sondern vielmehr wegen der nach wie vor kerngesunden Pharma und Chemie, aber nicht zuletzt auch wegen dem gesamten Bereich der Dienstleistungen bis hin zum Tourismus.
Neudefinition des Finanzplatzes dringend
Die Schweiz tut gut daran, jetzt schnell prospektive und vorallem einvernehmliche Lösungen im Verhältnis mit dem Ausland zu finden. Statt sich im Reduit einzubunkern und irgendwelche populistischen Abwehrschlachten zu fechten, erwarten wir von den Finanz-Spezialisten jetzt endlich eine Neudefinition des Finanzplatzes Schweiz, der den Bedürfnissen der Kunden im Nachkriegs-Finanzmarkt gerecht wird. Zum Beispiel: Die Schweiz hat die härtesten Richtlinien, die professionellsten Überwachungs-Mechanismen und - Behörden, den höchsten ethischen Anspruch und - nicht zuletzt - die besten Kundenbetreuung.
Abonnieren
Kommentare zum Post (Atom)
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen