Einmal mehr erfrischend anders und die Gedanken schärfend: Peter Sloterdijk.
Er hat ein neues Buch geschrieben, „Natürlich“ zur Finanzkrise oder für ihn viel wichtiger zum „Kapitalismus“: „Im Weltinnenraum des Kapitals“. Darin beschreibt er die Entstehung der globalen Ökonomie im Zeichen der Seefahrt.
Auch diesmal helfen Interviews mit Peter Sloterdijk, die meist etwas ausufernden philosophischen Ausführungen in seinen Büchern in ihrer Essenz zu fassen. Aktuell das Interview von nzz.online "Wir lebten in einer Fivolitätsepoche":
Zentrale Sätze von Sloterdijk daraus:
„In den frühen Jahrhunderten der Globalisierung war der
Schiffbruch der Inbegriff von Kapitalvernichtung. Man schickte Schiffe
auf den Ozean, von denen man wusste, dass sie unter einem enormen
Havarierisiko segeln.“
„Bis heute lässt sich die Denkfigur des «return on
investment» auch nautisch darstellen. Ihr liegt die Vorstellung
zugrunde, dass die entsandten Schiffe mit reichen Schätzen beladen
zurückkehren: Das Geld läuft um die Erde und kommt vermehrt wieder
an seinem Ausgangspunkt an.“
Das Unternehmerische Risiko liegt eben in der Havarie, dem Schiffbruch.
Die aktuelle Finanzkrise scheint aber für Sloterdijk andere Dimensionen zu haben:
„Man darf bezweifeln, dass die Metapher des Schiffbruchs für das, was
heute mit den Vermögen geschieht, noch plausibel ist. Seriöse Leute
behaupten, dass von den realen Vermögenswerten gar nichts
verschwunden ist. Es sind keine Schiffe gesunken, es müssen jetzt
lediglich die surrealen Bewertungen revidiert werden, die während der
letzten zehn Jahre die meisten ökonomischen Transaktionen verzerrt
haben, insbesondere bei Betrieben, Immobilien und Kunstwerken.“
„Es gab einfach zu viel Geld, das blosses Spielgeld war, daher
gab es massenhaft illusorische Wertberechnungen und haltlose
Reichtumseinbildungen.“
„Die riesenhaften Pseudovermögen, die dabei «angehäuft» bzw. an der Börse
fingiert wurden, sind auf einen sinnvollen Massstab zurückzukorrigieren.“
„In der amerikanischen Hypothekenkrise sind ja die Häuser nicht
verschwunden. Die berühmten Realwerte sind alle noch vorhanden.“
Und hier trifft sich Sloterdijk mit Prof. Max Otte, der in einem gescheiten Artikel „Wo ist das Geld geblieben?“ in der Ausgabe 49 der "Zeit" prophezeit, dass sich die Aktienkurse wieder erholen werden (Otte hat auch den Crash vorausgesagt in sienem Buch Der Crash kommt.) und dass dann die Leute, die es riskieren – und es sich leisten können zu riskieren –, jetzt Aktien zu kaufen, morgen sehr reich sein werden. Zitat aus dem Lead des Zeitartikels: "Die Finanzkrise hat riesige Vermögen vernichtet. Doch die Milliarden sind nicht verschwunden – sie werden gerade neu verteilt." Es sind nicht nur Privatpersonen und darunter viele Frimeninhaber, die zur Zeit eigenen Aktien kaufen, sonder auch neue Player: zum Beispiel China. (siehe Contextlink-Beitrag "Fokus Asien").
Natürlich ist das auch wieder „Pseudovermögen“. Aber ich glaube, da irrt Sloterdijk. Mit diesen Pseudovermögen kann man reale Werte kaufen – und zum Beispiel ganze Firmen kaufen. Es können zur Zeit Aktien von Firmen gekauft werden, die mit Sicherheit mehr Wert sind, als durch den aktuellen Aktien-Preis ausgedrückt wird. Diese Firmen produzieren reale Werte: Güter, deren Verkauf mehr Wert ist als die Produktion. Dieser Gewinn ist reales Geld, mit dem weitere reale Güter gekauft werden können, z.B. Immobilien oder Rohstoffe - oder Politiker.
Ich find' auch Sloterdijks Homepage spannend, ohne dass ich mit allem einverstanden sein muss, was er denkt und sdcheibt. Die Sloterdij-Page ist hier.
ß
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen