Mark Siemons von der FAZ hat eine gnadenlose Analyse geschrieben: "Wer 'Menschheit' sagt, will betrügen. Die chinesische Universalismuskritik."(Danke für den Hinweis, Matthias).
Der Westen beruft sich - gemäss dieser Analyse aus der Sicht des FAZ-Kultur-Korrespondenten in China - immer dann auf das Prinzip des Universalismus, wenn es ihm zur Durchsetzung seiner Interessen gegenüber den neuen Konkurrenten aus dem Süden gehe, z. B. beim Klima oder beim Internet (oder bei "globalen Werten" wie den Menschenrechten, Anm. Contextlink), "was sie bei anderen universellen, das Funktionieren des Gesamtsystems betreffenden Themen wie Finanzen, Wirtschaft oder Kernwaffen aus Eigeninteresse nicht tun."
Die bisher vom Westen dominierten "Weltorganisationen", die diese Bereiche regulieren sollen, die Vereinten Nationen, die Atombehörde, der Internationale Währungsfonds oder die Welthandelsorganisation, verteidigen gemäss der chinesischen Sicht Privilegien des Westens.
Die FAZ fasst die chinesische Position so zusammen: "Die Ungleichheit in der Welt sei so groß, dass die Anmahnung von Universalität ein manipulativer Trick sei von denen, die den Status quo der jetzigen politischen und kulturellen Machtverhältnisse erhalten wollen."
China hat jüngst deutlich gemacht: da machen wir nicht mehr mit. Nicht nur in der Google/Internetaffäre oder bei der geforderten Aufwertung seiner Währung, sondern z.B. auch beim Klima. In Kopenhagen hat sich China erfolgreich zum Sprecher des Südens gemacht, zusammen mit dem anderen Grosskonkurrenten aus dem Süden: Brasilien.
Sie forderten für alle Schwellen- und Entwicklungsländer das Recht auf eine "nachholende Industrialisierung". Ein brasilianischer Minister hatte es in Kopenhagen so formuliert: Die Schwellenländer seien jetzt zum Dessert geladen, während der Westen schon eine komplette Mahlzeit hinter sich habe. Und jetzt verlange der Westen, man solle die Rechnung teilen.
"Das Argument," schreibt der FAZ-Autor, "dass die behauptete Gleichheit aller angesichts der von europäischen Staaten jahrhundertelang betriebenen Kolonialisierung und der westlichen Dominanz in den globalen Institutionen eine Lüge sei, findet in Regierungen und Gesellschaften nicht-westlicher Länder viel Resonanz."
Der FAZ-Artikel fordert als eine Art Fazit, künftig "eine verstärkte Einbeziehung der nicht-westlichen Öffentlichkeiten in die westlichen Debatten". Gut möglich, dass das Deutsche Blatt bei aller Schärfe der Analyse, hier noch immer die Position des Westens überschätzt. China und der Süden wollen nicht nur mitreden, sie werden bald die Bedingungen diktieren. Denn China und der Süden setzen vermehrt eine universelle Regel in die Praxis um: Wer das Geld hat, hat die Macht.
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