Samstag, 18. Juli 2009

Nestlé-Chef Brabeck: Wasser-Alarm

Bild: powerhousemuseum.com: Der Gelbe Fluss bei Shapotou in China

Land, Landwirtschaftsland ist "Das neue Objekt der Begierde" (Contextlink). Aber natürlich wissen alle, die Land kaufen und/oder mit Land spekulieren, dass mit dem Land vor allem das Gut, der Rohstoff der Zukunft einhergeht: Wasser.
Das US-Polit-Magazin "Foreign Policy" nennt es "The Next Big Thing". In der entsprechenden Ausgabe der Foreign Policy tritt auch Nestlé-Präsident Peter Brabeck (im Bild links) als Autor auf mit einem flammenden Artikel zur Welt-Wasserproblematik. Brabeck hat sich schon früher gescheit und pointiert zur Wasserproblemtik geäussert. Z.B. in diesem Interview mit dem Tagi-Magi: "Kein Menschenrecht auf einen Swimmingpool", aber der Artikel in Foreign Policy hat eine andere Qualität. Es ist ein eigentlicher Wasseralarm.
Auch wenn Nestlé als Nummer 1 im Handel mit Wasser in Flaschen selbst gute Geschäfte mit dem Wasser macht und damit Teil des Problems ist, scheint mir Brabecks-Artikel um so bemerkenswerter. Und ich möchte ihn deshalb hier (fast) integral wiedergeben (meine Uebersetzung):

Während die Preise für Nahrungsmittel in den letzten zwei Jahren in die Höhe schossen, haben Staaten und staatlich gesponsorte Unternehmen still und heimlich Land rund um die Welt aufgekauft. ... Dabei geht es nicht um den Erwerb von Land, sondern um Wasser. Mit dem Kauf des Bodens ist das Recht verbunden, das Wasser zu nutzen, welches darin eingebunden ist - in den meisten Ländern eine kostenlose Dreingabe, die bald der wertvollste Teil des Deals sein könnte. Geschätzt auf der Basis einer Ernte pro Jahr entspricht das erworbene Land 55 bis 65 Kubik-Kilometer Frischwasser, das in diesem Land gebunden ist. Eine Menge, die etwa eineinhalb mal dem Inhalt des Hoover Staudamms entspricht. Weil dieses Wasser aber keinen Preis hat, übernimmt es der Investor tatsächlich gratis. Es mag nicht gerade das Szenario eines James Bond Films sein, aber der Ansturm zur Sicherung der knappen Wasserreserven in Agrargebieten ist trotzdem beunruhigend. Es bedeutet, dass wir nicht allzuweit von der nächsten Nahrungsmittelkrise entfernt sind.
Eigentlich ist der grosse Zugriff auf das Wasser (das grosse Wasser"grabschen", engl. grab) nur schlau und weitsichtig: Rund 70 Prozent des Frischwassers, das für den Gebrauch der Menschen dem Boden entnommen wird, geht in die Landwirtschaft. Der Grundwasserspiegel sinkt - in bestimmten Regionen mehrere Meter pro Jahr - und Flüsse trocknen aus, weil sie übernutzt werden. Die grössten Probleme beobachten wir in den wichtigsten Landwirtschaftsregionen der Erde: Im Osten Spaniens, in den Great Plains der USA, in Mittelost und in Nordafrika, in Teilen Pakistans, in Nordwestindien und im Nordosten Chinas. Wie der ehemalige Chef des Internationalen Instituts für Wassermanagement gewarnt hat, "riskieren wir jährliche Wasserverluste in der Grössenordnung der gesamten Getreideernte Indiens und der USA zusammen," wenn der aktuelle Trend anhält.
Wir würden besser eine Wasserpolitik entwickeln, die funktioniert, und zwar schnell. Es gibt Regionen dieser Welt, in denen Wasser nicht gratis ist, zum Beispiel Oman. Bauern müssen für die Infrastruktur bezahlen oder gemeinnützige Arbeit leisten, und weil Wasserrechte gehandelt werden können, hat das Wasser einen Preis. Omans System war während 4500 Jahren nachhaltig. Natürlich haben Preise und Handelbarkeit des Wassers Grenzen: Wir müssen auch genug Wasser zum Trinken und für die Basishygiene der Menschen garantieren, die nicht dafür bezahlen können und nicht zusätzliche Quoten für die Natur zur Seite legen. Marktmechanismen sowohl auf der lokalen (Handel mit Wasserrechten) und internationalen Ebene (multilateraler Freihandel in der Landwirtschaft) müssen Teil der Lösung sein. Aber wir müssen handeln, bevor der ständige Tropf der Ereignisse zu einer Sturzflut wird.

Bild: altes Wasser-Reservoir IWB Basel

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