Samstag, 18. Juli 2009

UP-DATE Mauretanien: Sklavenbefreier als Staats-Präsident?

********************
UP-DATE So. 19. Juli: Wie erwartet hat das Innenministerium Mauretaniens General Mohamed Ould Abdel Aziz mit 52% zum Wahlsieger erklärt. Messaoud Ould Belkhair hat demgemäss am zweitmeisten Stimmen erhalten: 16% der Stimmen. Boulkheir und andere Kandiaten der Opposition bezichtigen General Azis des Wahlbetrugs und ahben die intreantionel Gemeinschaft zu einer Untersuchung aufgefordert.
********************
"Ein Jahr nachdem es ihr gelungen ist, ihrem Herrn (Master) davon zu laufen, betet Barakatu Mint Sayed, dass die Wahlen vom Wochenende den Beginn des Endes der Sklaverei in Mauretanien markiern." Mit dieser etwas reisserischen Einleitung beginnt Nick Meo seinen Artikel für die australische Zeitung The Sunday Morning Herald zur Präsidentschaftswahl in Mauertanien dieses Wochende. Seine Geschichte über den Präsidentschaftskandidaten Messoud Ould Boulkheir ist für uns Westler so exotisch, dass sie es sogar in eine Tageszeitung im fernen Australien geschafft hat. Nicht, dass wir uns wirklich plötzlich für den Wüstenstaat an der Westküste Afrikas interessieren würden. Das Reizwort "Sklaverei" macht's möglich.

"Wie Tausende andere Sklaven oder befreite Sklaven im Sahara-Land Mauretanien", schreibt Meo weiter, "richtet sich ihre Hoffnung auf den Mann, der selbst als Sklavenkind geboren wurde und geschworen hat, er werde die Sklavenbesitzer bestrafen und alles dafür tun, um deren menschlichen Besitz zu befreien."

Die Rede ist von Messaoud Ould Boulkheir, 66, Präsident der mauretanischen Nationalversammlung und einer der aussichtsreicheren Kandidaten der Opposition. (Das Bild am Kopf dieses Contextlink-Beitrags ist der Header seiner Wahlkampf-Homepage). 1,2 Millionen Mauretanier haben inzwischen (heute Samstag) gewählt. Mit grösster Wahrscheinlichkeit wurde Boulkheir nicht gewählt, sondern Mohamed Ould Abdel Aziz, der General, der vor rund einem Jahr den ersten Präsidenten Mauretaniens, der in freien Wahlen an die Macht kam, in einem unblutigen Militärputsch gestürzt hat. (Mehr Infos zur aktuellen politischen Situation hier). Aber auch wenn Boulkheir nicht gewählt ist, er ist DER Polit-Star Mauretaniens. "Er ist der Obama Mauritaniens"," sagt Boubacar Messaoud von der Organisation SOS-Esclaves.

Auf der Wikipedia-Seite zu Boulkheir finden sich exotische Geschichten aus dem Leben des Sohns von Haratinsklaven aus dem Süd-Osten des Wüsten-Landes an der Grenze zu Mali.

Er selbst erzählt in einem Interview mit dem Online-Portal "Süd Online" von seiner eher zufälligen Einschulung 1950 als 7-Jähriger. Die einzige Schule der Region sei zwar obligatorisch gewesen. Weil sie aber französisch gewesen sei, sei sie von der einheimischen, muslimischen Bevölkerung abgelehnt worden. Um das Obligatorium für einen ihrer eigenen Söhne zu umgehen, hätten ihn die ehemalige Herren seiner Eltern gekidnappt, und ihn an deren Stelle eingeschult.

Boulkheir wird vom letztes Jahr gestürzten Präsidenten Abdallahi unterstützt. Er ist mächtig und einflussreich, versteht sich aber ganz als Mann des Volkes. Auf seiner Homepage nennt er sich selbst "Hoffnung der Armen". Eines seiner populärsten Ziele ist die definitive Beseitigung der Sklaverei.

Offiziell wurde die Sklaverei in Mauretanien zwar bereits 1981 aufgehoben. Allerdings sah ein Gesetz statt Strafen für die Sklavenhalter eine Entschädigung wegen ihres Verlusts an Sklaven vor. Erst seit 2007 stellt ein Gesetz die Slavenhalterei jetzt auch unter Strafe. (Ein kurzer Hintergrund hier). Offizielle Statistiken zur Sklaverei gibt es in Mauretanien nicht. Die lokale NGO "SOS-Esclaves" bezeichnet rund 600'000 Menschen, 20 Prozent der Bevölkerung als "von der Sklaverei betroffen".

Messoud Ould Boukhir hat sich unter anderem auch in diesem Beitrag von AFP-Deutschland zur Sklaverei in seinem Land geäussert.

ArteTV hat Ende Mai zum Thema Sklaverei in Mauretanien. ihre Rechtfertigung in der Sharia und zum Widerstand islamischer Exponenten in den internationalen Gremium zur Aufklärung der Sklaverei einen sehr spannenden Hintergrund gesendet:



Keine Kommentare: