


Allerdings, schreibt Martin Klingst in seinem atemraubenden Yoo-Porträt in der „Zeit“, legt Yoo Wert auf eine weitere negative Verstärkung: „Selbst wenn diese Methoden Folter wären, dürfe der Präsident sie in Kriegszeiten gleichwohl anordnen.“
Das ist der springende Punkt: Krieg. Für die Bush-Administration befand sich die USA nach dem 9. September 2001 im Krieg. Im Krieg gegen den Terror. Und im Krieg – so die Logik - heiligt der Zweck die Mittel.
Und für John Yoo hat der Präsident in dieser Situation „so gut wie uneingeschränkte Macht.“ Mehr noch: „Gesetze, die den Präsidenten daran hindern, all jene Informationen zu erhalten, die er für notwendig erachtet, um die Vereinigten Staaten vor Angriffen zu schützen, sind verfassungswidrig.“ (zitiert nach "Zeit": "Schmerzfrei")
Harvard-Professor Jack Goldsmith, ehemaliger Kollege und privater Freund John Yoos, erinnert sich gemäss „Zeit“, „dass Yoo eine geradezu fanatische Liebe zu Amerika kultiviere. Wer die Vereinigten Staaten angreife, habe darum in Yoos Augen seine Rechte verspielt.“

Martin Klingst schreibt: „Amerika ist tief gespalten ist in der Frage der Folter. Und in der Frage, ob John Yoo ein Patriot ist oder ein Advokat des Diktatorenrechts.“
USA steht ausserhalb internationalen Rechts
Breite Bevölkerungsschichten sind überzeugt, die USA seien besonders auserwählt (von Gott) und „Amerikas Gesellschaft, Verfassung und Rechtssystem seien außergewöhnlich. Doch diese Einzigartigkeit werde durch den Regelwahn der restlichen Welt bedroht, etwa durch internationale Verträge wie die Antifolterkonvention. Dem müsse Einhalt geboten werden.“
Diese Haltung auch der offiziellen USA ist nicht neu: Die USA weigert sich, die Kompetenz des internationalen Strafgerichtshofs (der UNO, u.a. Den Haag) bezüglich US-Soldaten anzuerkennen. Dort sollen die Milosevics, Haradinajs, etc. abgeurteilt werden, aber selbstverständlich sind sie nicht kompetent, über US-Bürger zu richten.
Signale der Arroganz
Präsident Obama warnt vergeblich: „Auf Dauer können wir dieses Land nicht sicher machen, wenn wir dafür nicht unsere fundamentalen Werte einspannen.“ (Tagi 22.5.)
Ich unterstelle Obama, dass er weiss, dass diese arrogante Haltung der grossen und kleinen John Yoos nicht nur eine Gefahr für die innere Sicherheit darstellt, sondern dass die führende Macht unserer Welt damit nicht zuletzt auch ein verheerendes Signal aussendet: Die moralischen (christlichen) Werte, die Amerika weltweit propagiert und Andersdenkenden notfalls auch mit Gewalt aufoktroyiert, gelten nicht für die USA selbst.

Mittelfristige Gefährdung der Sicherheit
In der Praxis des aktuellen Kriegs in Af-Pak torpediert deshalb die Diskussion um die Schliessung von Guantanamo und die dort angewandten Foltermethoden die Chance, den Krieg am Hindukusch zu gewinnen.
Schlimmer noch:
Die hässliche Fratze der arrogant-elitären Haltung breiter Kreise in den USA, die neben dem so positiven Gesicht Obamas durchscheint, befördert genau das, was die Yoos mit ihren menschenverachtenden Massnahmen eigentlich minimieren wollten: Die anhaltende Bedrohung der westlichen Welt durch terroristische Kreise.
Sie liefern den extremistischen, anti-amerikanischen Demagogen in der nicht-westlichen Welt eine Steilvorlage, eine drastische Bestätigung ihres Zerrbildes der USA, mit welcher sie die Masse der Frustrierten in ihren Ländern indoktrinieren und als militante Kräfte rekrutieren.
Fawaz Gerges schreibt in seinem Artikel „Al-Qaida at the crossroads“ (siehe Artikel Contextlink), nur „ein Wunder“ können den globalen Jihad der islamischen Extremisten noch retten. Das Signal, das die auf einer breiten Basis abgestützten Yoos aussenden, könnte dieses Wunder sein.
Barack Obama hat es wirklich nicht leicht.
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