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Nach den ersten Wochen Obama lichten sich die Euphorie-Nebel etwas: Viel positive Kommunikation, die uns allen und der Welt sehr gut tun. Aber klar ist auch: Die Analysen und Prognosen in Sachen künftige Weltordnung müssen nicht neu geschrieben werden. Obama wird den Lauf der Dinge kaum wesentlich verändern.
Keine neue Aussenpolitik der USA in Sicht ...
Vize-Präsident Joe Bidens Auftritt bei der Münchner Sicherheitskonferenz hat gezeigt, dass sich Obamas Aussenpolitik von der seines Vorgängers Bush kaum unterscheiden wird/kann, wie selbst Stratfor-Herausgeber George Friedmann in seiner aktuellen Analyse nüchtern feststellt.
Wenn er denn überhaupt wollte, Obamas Handlungsmöglichkeiten sind beschränkt, sowohl innen- aber vorallem auch aussenpolitisch. George W. Bush hat nicht einfach seine private Aussenpolitik betrieben, sondern die Politik, die Amerika und seine Sicherheitsexperten für richtig hielten. Diese Analyse und ihre daraus folgenden Bedürfnisse und Handlungen der USA haben sich mit einem neuen Präsidenten nicht von einem Tag auf den andern verändert. Bidens Auftritt in München zeige, schreibt Friedman, dass Obama die Rahmenbedingungen und Dringlichkeiten kenne, die Amerikas Aussenpolitik zugrunde liegen" und, dass Obama "die Grenzen seiner präsidialen Macht" kenne.
....aber ändernde Rahmenbedingungen
Doch der neue amerikanische Präsident und seine Sicherheitsexperten werden sich künftig mit einer sich laufenden verstärkenden Veränderung in der Aussenpolitik arrangieren müssen: Amerika ist nicht mehr, wie in den letzten Jahren, die allein bestimmende Macht dieser Welt, die sich einen Deut darum kümmern muss, was der Rest der Welt (und/oder die UNO) denkt und will.
Die Aufstieg Asiens, die "Rückkehr Asiens" wie es Kishore Mahbubani formuliert (siehe dazu meinen Contextlink-Beitrag), zu einem zentralen Player in der neuen Weltordnung, wird von allen Experten als Gegeben angesehen.
Umstritten ist, wie mächte die USA noch sein werden und ... welche Rolle Europa spielen wird.
Die für mich glaubwürdigste Analyse macht Parag Khanna, indisch-stämmiger US-amerikanischer Experte für Internationale beziehungen. Er sieht eine neue Weltordnung mit drei Polen: USA - Europa -China.
"Tripolare Welt" vs. "Das amerikanische Zeitalter"
Eine tripolare Welt sehen auch indische Experten wie Arvind Virmani, Direktor des indischen Thinktanks ICRIER. Allerdings sind seine drei Pole USA, China und .... Indien, nicht Europa.
Dass Europa's Zeiten als Machtzentrum definitiv vorbei ist im 21. Jahrhundert, glaubt auch George Friedmann, einflussreicher Herausgeber von Stratfor, dessen neustes Buch "The next 100 years" jeder Neuabonnent der Stratfor-Analysen als Geschenk erhält.
Friedmann verkündet das Ende des Europäischen Zeitalters und der Beginn des Abruch des Amerikanischen Zeitalter ("The Dawn of the American Age").
Er sieht nach wie Amerika im Zentrum: "The world does pivot around the United States." Andres als Mahbubani oder Khanna oder die Inder, galubt Friedmann nicht an China als kommende Superpower. Zu viele soziale Probleme, gefährdet als Einheit und strategisch-geographisch viel schlechter gelegen als Amerika, welches inmiten der Pazifiks und des Atlantiks liegt und seine Einfluss deshalb geltend mache kann.
Neu Player
Alle Analysten gehen davon aus, dass neue, wichtige Player im Spiel sein werden. In der Amerika-zentrierten Sicht Friedmanns ist das vorallem Mexico. Auffällig, dass bei allen Experten ein Land immer wieder als kommender Big-Player genannt wird, dessen Bevölkerung bei uns in Westeuropa bei vielen als minderwertig gilt, die Türkei.
Russland adieu
Alle sind sich einige, dass Russland nicht mehr lange eine wirklich wichtige Rolle spielen wird: Sinkende Bevölkerungszahlen, schlechte Infrastruktur, keine innerer Zusammenhalt. Russland dürfte in den nächste 10 bis 20 Jahren Europa und den USA noch grosse Schwierigkeiten machen, aber schliesslich wird Russland in Europa aufgehen.
Globaler Frieden oder neue Kriege?
Der Militärspezialist Friedmann macht der Welt für das 21. Jahrhundert insgessamt eine düstere Prognose: Er sagt, die neu aufstrebenden Mächte werden ihre Position gegenüber den USA in einem grossen "globalen Krieg" ab etwa 2050 auch mit Gewalt erkämpfen. Dieser "global war" wird aber, wei alle grossen Kriege der Vergangenheit auch eine neue ökonomichen Boom auslösen ("....kick off a massiveeconomic boom.")
Die Asiaten (inklusive Khanna) sehen die Entwicklung friedlicher. Insbesondere Asien, werde einen befriedenden Einfluss ausüben. Vorallem aber wird es nicht allein entscheidend sein, wie stark die militärische Macht eiens Pols ist, sondern auch wie gross sein wirtschaftliches und technisches Potential und - erstaunlich-erfreulich - seine kulturelle Stärke ist.
... und Europa?
Europa wird von den USA und aus Sicht vieler Asiaten als schwach beurteilt, weil satt und innerlich nicht geeint und Handlungs-fähig. Europa möchte ich aber in einer späteren Blog ausführlicher behandeln.
Parag Khanna, sieht Europa ganz anders. Ihm neige ich auch in der Gesamtanalyse zu. Seine Argumentation einer dreipolaren Welt scheint mir am überzeugendsten.
Der Kampf um die 2. Welt
Die entscheidende Rolle spielen für ihn dabei die aufstrebende Länder, die sogenannte "2. Welt". Welcher Pol schliesslich den grössten Einfluss und am meisten Macht haben wird, hängt gemäss Khanna davon ab, welches Imperium am meisten Staaten der 2. Welt auf seine Seite ziehen kann. Es geht um den "Kampf um die Zweite Welt", wie Khannas aktuelles Buch heisst.
Die Pole USA, Europa und China stehen im Wettstreit um aufstrebende Nationen wie Brasilien, Mexiko, Iran, Indien oder die Türkei. Diese Länder sieht Khanna in der Position des Wählen-Könnens. Sie werden sich dem Imperium annähern, das ihnen am meisten entspricht, ihnen am meisten bringt. Möglich auch, dass es diesen Ländern gelingt, zwischen den mächtigen Imperien zu lavieren und sich nicht in eine unilaterale Anhängigkeit zu begeben.
Ich halte es für sehr spannend, schon aktuellen politschen Entwicklungen unter diesem Aspekt zu beobachten: Wohin neigen, wohing gehen Länder wie der Iran, die Türkei, Brasilien oder Indien. Nicht zu vergessen sind auch Länder und Regionen, die über wichtige Rohstoffe verfügen, auf die die Grossen angewiesen sind. Sogar ein scheinbar verlorener Kontinent wie Afrika erhält dadurch eine wichtige Bedeutung.
Vorallem aber, alle diese Ländern, so schwierig ihre aktuelle Situation zur Zeit sein mag, sie sind in einer neuen Position: Sie agieren aus einer Position der Stärke.
Buhlen um den Iran oder die Türkei oder um Kasachstan
Damit kann man zum Beispiel die Politik, die der Iran heute zu spielen versucht viel besser verstehen: Der Iran muss nicht um eine Annäherung an den Westen, dei USA oder Europa betteln. Im Gegenteil: Die USA und /oder Europa tun gut daran, den Iran positiv einzubinden, wenn sie ihn nicht an Asien/China verlieren wollen.
Oder die EU muss begreifen, dass es nicht darum geht, die Türkei "gnädigst" aufzunehmen und ihr irgendwelche Bedingungen zu stellen, es gilt dafür zu kämpfen, dass sich die Türkei wirklich für Europa entscheidet und sich nicht primär Richtung Osten orientiert.
Viel spannender Stoff für endlos viele Blogbeiträge.
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