Sonntag, 5. Oktober 2008

Wer nicht bereit ist zu töten, hat auch keinen Anspruch auf Asyl

Zugegeben, er ist etwas polemisch, der Titel, aber genau darauf läuft hinaus, was Frau Widmer-Schlumpf mit der Verschärfung des schweizerischen Asylrechts will: Kein Asyl mehr für Deserteure.

Noch-Bundesrat Schmid würde sagen: "Herrgottnochmal!"
So etwas kann nur jemand fordern, der keine Ahnung hat, was Krieg heisst.

In den Krieg gehen , heisst töten.
Zumindest ist dies absolut wahrscheinlich und "normal". Jeder Soldat kann in die Situation kommen, dass er tötet, töten muss. Zur Selbstverteidigung. Weil ihn seine Vorgesetzten oder Kameraden zwingen, weil der Krieg Menschen in einen Zustand bringt zu töten. Gleichzeitig zerstört der Krieg die Angst vor dem Töten, auch den Grossteil der Soldaten, die den Krieg überleben. Ihre Psyche ist zerstört, sie bleiben ein Leben lang traumatisiert, sie sind häufig nicht mehr wirklich lebensfähig

Romantische Vorstellung vom gerechten Krieg
Solange man (oder Frau Bundesrätin) von der romantischen Vorstellung ausgeht, Krieg bedeute, sein Vaterland oder wenigstens seine Familie zu verteidigen, mag das Desertieren auf den ersten Blick wie ein Verrat aussehen. Wenn man sich aber in die Situation der allermeisten Männer versetzt, die heute von ihren "Nationen" zum Kriegsdienst gezwungen werden, dann kann man nicht einmal in Betracht ziehen, jemanden zu verurteilen (oder ihm das Recht auf Asyl absprechen), weil er es vorgezogen hat abzuhauen, um nicht in einem Krieg zu töten, mit dem er nichts am Hut hat.
In Belgrad versuchten sich zu Beginn des Kriegs gegen Kroatien 1991 über 80% der Männer einer Rekrutierung zu entziehen, weil sie nicht gegen ihre Brüder und Verwandten in Kroatien kämpfen wollten. In Sarajevo sind viele Männer geflohen, weil sie sich nicht entscheiden konnten, ob sie in der serbischen oder in der muslimischen Armee kämpfen sollten, um ihre Nachbarn zu töten, nur weil ein paar nationalistische Hinterwäldler zufällig politisch das Sagen hatten, ihre Machtansprüche durchsetzen wollten.

Längst sieht kaum ein amerikanischer Soldat mehr ein, warum er in den Irak gehen soll, um sein Leben zu riskieren. Er teilt weder die Ziele noch die Pseudo-Ideale seines Präsidenten.

Desertieren ist ein schwieriger, mutiger Entscheid.
Nur in Ausnahmen ist es Feigheit. Denn die Politik und ihre Propaganda stigmatisiert Kriegsdienstverweigerer und Deserteure immer zu Verrätern und Feiglingen. Es ist sehr schwierig zu gehen, die Freunde und Kollegen allein in den Krieg ziehen zu lassen, aber vielleicht bedeutet es auch Verantwortung zu übernehmen.

Ich bin ziemlich überzeugt, dass ich bei einem Kriegsausbruch nicht - wie sich das die Schweizer Kriegsromantiker, die sich auf ihre korrupte Wehrhaftigkeit in den letzen zwei Weltkriegen etwas einbilden, aber keine Ahnung von Krieg haben, sich vorstellen wie ich mein Sturmgewehr aus dem Schrank hole, mich zu meiner Truppe durchkämpfe und meine Familie zurück lasse. Ich fühle mich vielmehr verpflichtet, meine Familie zu packen und möglichst weit weg zu fliehen, wo sie nicht in Gefahr ist, als "Kollateralschaden" zu enden.

NATO hat zur Desertion aufgefordert
Betroffen von einem negativen Asylentscheid wären in der Schweiz nicht zuletzt auch Männer aus Serbien. Wagen wir es wirklich, ihnen vorzuwerfen, dass sie nicht bereit waren, den Kriegsverbrechern Milosevic, Karadzic oder Mladic zu folgen um Muslime und Kroaten zu töten?
Und: Vor dem Bombardement im Kosovo hat die NATO über den serbischen Truppen Flugblätter abgeworfen, in denen die serbischen Soldaten aufgefordert wurden zu desertieren: Verlasst Eure Einheit und Euer Kriegsgerät und flieht aus dem Kosovo, so weit Euch die Füsse tragen". Einige haben die Füsse bis in die Schweiz getragen.

Parlament muss sich wehren
Auch andere Länder tun sich schwer, Kriegsdienstverweigerern und Deserteuren Schutz und Sicherheit zu geben. In Deutschland wird heftig diskutiert und aktuell in Kanada, wohin viele Amerikaner fliehen, weil sie nicht im Irak verheizt werden wollen. Es geht um ein zentrales Dogma des Militärs: Den Gehorsam. Keine Befehlsverweigerung. Da steht der Anspruch und "das Recht" eines totalitären Systems dem demokratischen Recht auf Entscheidungsfreiheit gegenüber.

Auch in Kanada will die Regierung Deserteuren - den geflohenen amerikanischen Soldaten - kein Asyl geben. Doch das kanadische Parlament verweigert der Regierung bisher die Gefolgschaft in diesem Entscheid.

Hoffen wir, auch die Schweizer Parlamentarier lassen sich nicht durch populistische, ausländerfeindliche Reflexe zu einem Gesetz hinreissen, das sich mit der "humanitären Tradition" der Schweiz einfach nicht vereinbaren lässt.


PS:
Frau Widmer Schlumpf hat sich damit definitiv demaskiert. Sogar die Linken Frauen haben für sie geschwärmt, weil sie eine Frau ist und weil sie wagte, gegen den Oberpatriarchen Blocher anzutreten. Sie haben dabei übersehen, was jetzt ungeschminkt zu Tage tritt. Bundesrätin WS ist eine stramme SVPlerin. Sie steht zu deren Werten. Mehr noch: Sie ist eine Hardlinerin.

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