Montag, 22. September 2008

Noch ein Täter: Henry Paulson: Heilsbringer, Totengräber ... und Hoffnungsträger

Ich habe mich schon immer mehr für die Täter interessiert als für die Opfer. Hier ist einer der besonderen Art: Er trägt keine Uniform, sondern Anzug und Kravatte und (auch) er wird wohl nie vor ein Gericht gestellt:

Henry M. Paulson, Jr. (* 28. März 1946 in Palm Beach, Florida; vollständiger Name Henry Merritt Paulson, Rufname Hank) ist verheiratet und hat zwei erwachsene Kinder. Paulson ist ein gläubiger Christ, ist verheiratet und hat zwei erwachsene Kinder. Seit 2006 ist er US-Finanzminister und ist heute die treibende Kraft des Milliarden-teuren Plans der USA-Regierung zur Rettung des amerikanischen Finanzsystems.

Zuvor war oberster Chef der scheinbar allmächtigen Investmentbank Goldman Sachs ist so etwas wie die Inkarnation der aktuellen Finanzkatastrophe. Die Zeit nennt ihn einen der „Hohenpriester“ des Finanzsystems, die sich als die „Master of the Universe“ verstehen. Er war (und ist und bleibt) einer der wichtigsten Strippenzieher in einem System, welches Vorgab, nach wissenschaftlichen, quasi natur- oder gar gottgegeben Gesetzen und rationalen Mechanismen zu funktionieren, ein Systems, das sich jetzt als pure Ideologie entpuppt hat, als ein desaströses Geschäftsmodell (siehe den entsprechenden Artikel weiter unten).

Wenn er nicht auf’s Schaffott gehört, was ja in Amerika immer noch möglich ist, so müsste er doch zumindest den Rest seines Lebens am Bettelstab gehen, bar jeder Rechte, verachtet vom Establishment, bespuckt von den Massen, denen er einst das Heil versprochen hatte: Nicht nur ein eigenes Haus, auch wenn man es sich nicht leisten konnte, sondern auch Teilhaben am Segen des freien Marktes, endloser Konsum und ewige Sicherheit.

Doch nichts davon: Henry Paulson wird wie Seinesgleichen - mögen sie Ospel, Ackermann oder Blocher heissen - weiterhin nicht nur steinreich bleiben, sondern auch in Amt und Ehren. Er ist zwar mitverantwortlich für die Vernichtung unvorstellbarer Vermögen, direkt und indirekt für das endlosen Leiden von Millionen von Menschen und eben hat er dem „System“ noch Milliarde als Gewinne entzogen und in seine eigenen Taschen und die seines „Klerus“ gestopft. Aber Herr Paulson darf jetzt trotzdem als Retter des Systems auftreten, indem er als fürsorglicher Finanzminister Milliarden von Steuergeldern in das abgewirtschaftete Finanz-System pumpt. Ein bisschen mehr staatliche Kontrolle soll plötzlich segensreich sein.

Und die ganze Welt muss darauf hoffen, dass Paulsons’s Rezept einigermassen aufgeht. Denn alle wissen, wenn die Abwärtsspirale des amerikanischen Finanzsystems nicht gestoppt werden kann, wird die ganze Welt in den Negativ-Strudel gezogen. Da werden wir als Steuerzahler doch wohl Verständnis dafür haben, dass wir noch länger auf eine angemessenen Anteil an dem Kuchen verzichten müssen oder sogar in Kauf nehmen müssen, dass unser Anteil halt wieder ein wenig kleiner wird. Denn wenn wir die amerikanischen Rezepte nicht akzeptieren, wird es uns allen an den Kragen gehen – auf jeden Fall sicher uns gewöhnlichen Steuerzahlern.

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