Dienstag, 15. November 2011

Niamey 1: Warten auf den "Heiler" (Up-Date: Video)

Niamey, Montag, 14. 11. 2011:
Dass die Mission eines christlich-evangelikalen Predigers in einem zu 96% muslimischen Land nicht ganz unpolitisch - um nicht zu sagen unproblematisch - sein würde, haben wir geahnt. Immerhin ist der bitterarme Staat Niger am Rande der Wüste ein direkter Nachbar von Nigeria, wo es regelmässig zu blutigen Übergriffen zwischen islamistischen und christlich-fundamentalen Gruppierungen kommt. Es gibt viele verwandtschaftlich-kulturelle und sprachliche Beziehungen zwischen den beiden Ländern. Dass uns diese Politik hier in der friedlichen  Hauptstadt des Niger so schnell einholen würden, war dann aber doch etwas überraschend.

Adrian Zschokke, Shooting Kreuzzug, Niamey
Überall in der Stadt hängen Plakate und Transparente mit der Botschaft des "Kreuzzugs" von Dag Heward-Mills Lighthouse Chapel International: "Jesus qui guérit." Übergross auf einem Plakat am wichtigsten Kreisel im Zentrum der Stadt die Personifizierung der Botschaft: Dag Heward-Mills. 

"Sie kommen wegen dem Heiler?" Schon der Taxifahrer der uns vom Flughafen zum Hotel im Zentrum Niameys bringt, wusste Bescheid.
"Biensûre" ist er ein Muslim, aber er werde trotzdem zur Veranstaltung des "Heilers" gehen: "Wenn er tatsächlich Wunder vollbringt, warum soll man's nicht versuchen."
Wir fragen Leute auf der Strasse, ob es für sie denn kein Problem sei, wenn da eine christliche Kirche bei ihnen in der Stadt missioniere: "Der Niger ist ein laizistisches Land. Hier kann jeder sagen und denken, was er will." Die Antwort hören wir überall, aber schon ihre fast mechanische Wiederholung lässt uns ahnen, dass da etwas nicht ganz koscher ist.

Eingang Baptist Church Niamey 2011
Bei unserem ersten Streifzug durch die staubig-heisse, sehr ländlich wirkende Stadt, stossen wir auf ein von der hier üblichen Mauer eingefriedetes Gebäude. Es ist vollgeklebt mit dem Konterfei des "Heilers" aus Ghana, der Sitz der baptistisch-irgendwas Kirche. Ein Pastor aus Nigeria bepredigt uns ausgiebig, um uns nach einem kaum enden wollenden Gebet schliesslich seinen Haus-Wächter mitzugeben, der uns zum Ort des Events führen soll. Wir glauben im ersten Moment nicht recht verstanden zu haben: Der Kreuzzug der christlichen Missionskirche soll auf dem "Terrain Musulman" stattfinden, dem Gelände der Muslime. Unser Begleiter gesteht uns auf der Fahrt zum ehemaligen (muslimischen) Friedhof, der heute als Fussballplatz des Quartiers genutzt wird, dass es Probleme gebe. Gestern Abend sei am Fernsehen eine Gruppen von demonstrierenden Frauen gezeigt worden, die gegen den Auftritt des Heilers auf dem Terrain Musulman protestiert hätten.

Healing Jesus Crusade, Niger 2011
Auf dem grossen, sandigen Platz unweit des Stadtzentrums stehen tatsächlich die Lastwagen der Healing Jesus Crusade. Vielleicht 30 Arbeiter sind in der brütenden Hitze an der Arbeit. "Wir sind am Abbauen", erklärt uns Pastor George, der junge Chef des Bautrupps der Lighthouse Chapel. Sie könnten nicht hier bleiben, man habe ihnen ein anderes Terrain am andern Ende der Stadt zugewiesen.
Pastor George ist über unser Kommen informiert und wie alle Mitarbeiter von Lighthouse Chapel äusserst freundlich-kultiviert und offen uns gegenüber. Im Interview vor der Kamera äussert er sich zunächst noch etwas zurückhaltend, aber im persönlichen Gespräch macht er aus seiner Sorge keinen Hehl. Aber direkt bedroht, nein, das fühle er sich nicht. Seine Hauptsorge ist die Zeit: "Time is running out. But with the help of God, we will make it." Wie immer, liegt alles in der Hand Gottes.

Lastwagen Healing Jesus Crusade, Niamey 2011
Eskortiert von zwei Polizeipickups - auf der Brücke Rücken an Rücken bewaffnete Sicherheitskräfte im schwarzem Kämpfer (bei der Hitze!) - fährt der Lastwagen-Konvoi des Kreuzzugs quer durch die Stadt, vorbei an der grossen Moschee im Zentrum, dann auf ungeteerten und zusehends schlechter und enger werdenden Strassen in ein Aussenquartier, auf das Gelände einer bescheidenen christlichen Privatschule im Stadtviertel Banifandou. Auf der viel zu kleinen Arena werden 100'000 Leute erwartet. "Aber wir haben keine Wahl", sagt Pastor George und "with the help of God…".

Damit die grossen Sattelschlepper aufs Gelände fahren können, muss eine breite Bresche in die Mauer des Geländes gebrochen werden und die gut eingespielten Arbeiter der Crusade machen sich an die Arbeit. "Ja, es wird eine Nachtschicht geben", sagt uns Pastor George unverdrossen, "aber bis Mittwoch werden wir fertig sein. With the help God…."

Auch ein halbes Dutzend Junge Frauen, von der Bibelgruppe der Kirche in Ghana packen kräftig mit an. Mein Kompliment weisen sie mit der Bemerkung von sich: "Wir tun es für Gott."

Hier sind ein paar Impressionen, die ich mit der kleinen Handkamera von der Verschiebung der Lastwagen vom Terrain Musulman zum Gelände der christlichen Schule "Agora" im Stadtteil Banifandou II gemacht habe:

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