
Frappierend zuerst, dass Al-Jazeera Gesprächsleiter Marwan Bishara das neue Europa als ein Vehikel des deutschen und französischen Grossmachtstrebens sieht. Die anderen EU-Mitglieder werden sozusagen von den Deutschen und Franzosen für ihre eigenen Interessen instrumentalisiert. Und: ganz offensichtlich empfindet zumindest ein Teil der arabische Welt, repräsentiert hier durch Al-Jazeera, dies als Bedrohung.

Die Gäste sind sich auch einig, dass es kein "Vereinigten Staaten von Europa" geben wird, wie die "Vereinigten Staaten von Amerika", sondern eine Vereinigung souveräner, europäischer Staaten.
Sehr spannend finde ich eine Aussage von Garton Ash: Während es in den letzten Jahrzehnten um die Bildung, die Definition Europas nach innen gegangen sei, gehe es in den nächsten Jahren in erster Linie um die Definition Europas im Verhältnis zu seinen geographischen Nachbarn im Osten und im Süden.
Im zweite Teil der Sendung geht es dann - logisch für Al-Jazeera, aber vielleicht eben auch entscheidend für Europa - um die Türkei, ihren umstrittenen Beitritt zur EU und damit um das Verhältnis Europas zur muslimischen Welt.
Das ist natürlich das Thema Tariq Ramadans, des islamischen Vordenkers aus der Schweiz. Gemeinsam mit seinen Diskussionspartnern beklagt er, dass sich Europa häufig als "christlicher Club" versteht. "Der Islam, die Muslime sind immer 'sie', 'die Andern'", betont er. Entsprechend würden die Muslime in Europa beargwöhnt und ausgegrenzt. Ramamdan ist sich mit Zizek und Garton Ash einig, es brauche eine neue Geschichte," a new narrative", in der Europa erkenne, dass seine Geschichte sehr wohl seit dem frühen Mittelalter auch muslimisch ist. Es werde wohl noch zwei Generationen brauchen, meint Ramadan, bis wir in Europa von einem "Wir" reden werden und damit Europäer mit muslimischem und/oder christlichem Glaubens meinen.
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