Dienstag, 1. September 2009

China & Indien: Komische Bettgenossen

Wenn Sie diese Herren noch nicht kennen, sollten Sie sich ihre Gesichter einprägen. Ihnen unterstehen zwei von fünf Bewohnern dieser Erde. Der Herr links im Bild ( - das ich von Foreign Policy stehle -) ist Manmohan Singh, Premierminister Indiens. Der Herr rechts ist Hu Jintao, Staatspräsident der der Volksrepublik China.

Würden die beiden wirklich zusammenspannen, würden sie definitiv die Welt beherrschen. Doch China und Indien sind Rivalen. Nicht nur als Führungsmacht in Asien, sondern auch weltweit. Noch ist China mächtiger, aber Indien holt auf. Nicht wenige prophezeihen, dass Indien schon in 15 Jahren China den Rang abgelaufen haben wird. Schuld ist vor allem die Demographie. Indien wächst viel schneller, seine Gesellschaft ist viel jünger. China überaltert wegen seiner Ein-Kind-Politik schnell.

Nicht zuletzt aufgrund der Rivalität unterstützt China seit Jahren Chinas Erzfeind Pakistan. Es hat immer wieder Annäherungsversuche zwischen Indien und China gegeben, gleichzeitig aber auch immer weiter schwelende Konflikte. Doch jetzt scheint ein gemeinsames Problem, die beiden Rivalen einander näher zu bringen: Der Islam, respektive der militante Islamismus.
Aktueller Hauptfokus des gemeinsamen Problems ist Pakistan, genauer Waziristan, die von muslimischen Extremisten beherrschte Grenzregion Pakistans zu Afghanistan. Die Taliban und ihre aggressiv-fundamentalistische Politik werden inzwischen auch von Pakistan als Bedrohung wahrgenommen. Und dieser islamistische Extremismus stellt zunehmend auch eine Gefahr für Indien dar. Immerhin leben ausser in Indonesien nirgends so viele Muslime auf dieser Erde wie in Indien.

Und China: Das Schlüsselwort heisst Uiguren. Die muslimische Bevölkerung der chinesischen Westprovinz Xinjiang. Diesen Sommer ist uns diese Problematik mit dem "Aufstand der Uiguren" in "Chinas Wildem Westen" auf einen Schlag ins Bewusstsein gerückt. Nicht zuletzt ist dies der Verdienst einer der Organisationen "Weltkongress der Uiguren" mit Sitz in München und deren von den Westmedien häufig porträtierten charismatischen Führerin Rebiya Kadeer. Im Westen kaum wahrgenommen ist es aber eine andere Uiguren-Organisation, die China viel mehr sorgen bereitet:
ETIM (East Turkestan Islamic Movement). Anders als die Organisation Kadeers strebt die ETIM nicht nur ein grösseres Selbstbestimmungsrecht der Uiguren mit dem Hauptfokus der Uigurischen Identität (oder gar Ethnizität). Im Zentrum steht für die ETIM die Religion, der Islam. ETIM kämpft für einen eigenen Staat Ost-Turkestan als Teil der Umma, der islamischen Weltgemeinschaft. Die ETIM gilt als terroristische Organisation. Seit 2002 sind sie auf der US-Liste der Terror-Organisationen. China ist überzeugt, dass die al-Qaida vor 9/11 über 1000 Mitglieder der ETIM zu Terroristen ausgebildet hat. Und - hier kommt der Zusammenhang zu Indien und Pakistan - die Basis der ETIM liegt in Waziristan. China und Indien haben also ein gemeinsames Interesse, dass fundamentalistische Islamisten aus ihren Ländern von ihren Basen in Pakistan aus zur Bedrohung werden. Deshalb haben sich China gemäss den Informationen von Foreign Policy im Artikel "Strange Bedfellows" zu einer engeren Zusammenarbeit im Antiterrorismuskampf zusammengerauft. Zwar ist Foreign Policy skeptisch, aber die Entwicklung ist sehr spannend. Es wird nicht lange dauern, bis Pakistan sich davon bedroht fühlt, und niemand wird sich wundern, wenn insbesondere die pakistanischen Militärs und der pakistanische Geheimdienst bald wieder vermehrt mit den Taliban konspirieren, statt sie zu bekämpfen. Die Bedrohung durch den Erzfeind Indien halten sie nach wie vor für viel grösser als die innere Bedrohung durch die islamistischen Fundamentalisten und die Taliban.


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