Freitag, 13. Februar 2009

Obama und der Kampf um die Seidenstrasse

Foto: Reuters
Afghanistan wird die News-Schlagzeilen in den nächsten Monaten beherrschen. US-Präsident Barack Obama hat sich Afghanistan als erstes Schlachtfeld ausgewählt. Das heisst die amerikanischen Medien - und wir - alle Medien des Westens in ihrem Schlepptau - werden breit über das "Theater Afghanistan" berichten.
Obama verlegt den Schwerpunkt der US-amerikanischen Kriegspolitik vom Irak weiter östlich ins unwirtliche, riesige Bergland am Hindukusch. Und alles deutet darauf hin, dass Obama diese Schlacht verlieren wird. Militärisch können die Amerikaner den Krieg in den Bergen Afghanistans genauso wenig gewinnen wie die Russen 1979 - 89. Auch 30'000 US-Soldaten mehr werden's nicht richten und auch nicht zusätzliche europäische Truppen, wie sie Obamas Vize Joe Biden an der Sicherheitskonferenz in München gefordert hat.


Kampf um Vorherrschaft an der Seidenstrasse
Das Problem Afghanistan kann nur gelöst werden, wenn es im Gesamtkontext des Mittleren Ostens und Zentralasiens angegangen wird. Und dabei geht es nicht einfach um die Befriedung dieses Gebiets oder gar um die Zerstörung der Taliban, Al-Qaida und des harten Kerns des islamistischen Terrors, sondern es geht um den Kampf um die Vorherrschaft im Gebiet zwischen dem Nahen Osten und Ostasien entlang der historischen Seidenstrasse. "The New Great Game on the Silk Road is already underway." Das grosse Spiel an der Seidenstrasse läuft bereits, schreibt Parag Khanna in einem Artikel für Foreign Policy. Dabei bezieht er sich auf den "Silk Road Startegy Act", genannt eben auch das "New Great Game", welchen der US-Kongress 1999 als Amerikas Zentralasien-Strategie verabschiedet hat. Ganz bewusst macht er aber auch eine historische Anspielung auf die Jahrtausende währenden Kämpfe um den Einfluss auf die wichtigste Handelsverbindung zwischen China und dem Nahen Osten und Europa (ein paar Bilder zur Seidenstrasse hier.)
Über diese uralten, endlosen Konflikte gibt es ein wunderbares, sehr schwer zu lesendes, neues Buch: "Schnee in Samarkand. Ein Reisebericht aus dreitausend Jahren". In unzählige Details und liebevoller Sorgfalt schildert der Schweizer Fotograf Daniel Schwartz die uralten, kulturellen und politischen Zusammenhänge in Zentralasien, von den Zeiten vor Alexander des Grossen Feldzug an den Indus und dem uralten, traditionellen Einfluss der Chinesen und Perser.

Der Weg nach Kabul führt über Peking und Teheran
Und eine Lösung in Afghanistan kann auch heute wieder nur über diese Macht-Pole und zentralen Player im Grossraum der Seidenstrasse führen. Weshalb der Geostratege Pedrag Khanna den Titel: "The Road to Kabul runs through Bejing and Tehran", setzt.

Khanna schildert in seinem Artikel sehr überzeugend, dass die USA und ihr neuer Präsident nur eine Chance auf eine Lösung haben, wenn sie dabei China und Iran aktiv einbeziehen.

Karte von Stratfor

Iran: Partner der USA
Die USA brauchen Iran als Partner. Zunächst als Zufahrtsroute für ihre Kriegslogistik (vom iranischen Hafen Chabahar über die neue, mit von Indien gebaute Autobahn Zaranj-Delaram nach Kandahar und/oder Kabul). Eben haben die USA ihre Basis in Kirgistan verloren. Tadschikistan und Usbekistan sind sehr unsichere, wenig stabile Alternativen und die USA werden soll wohl kaum einsietig auf das erstaunliche neue Transitangebot Russlands verlassen wollen.
Iran spielt auch eine wichtige Rolle als glaubwürdiger Beeinflusser der verschiedenen iranisch-stämmigen Stämme in Afghanistan und der (sunnitischen) Taliban. Und deren Machtgebiet ist längst nicht auf Afghanistan beschränkt, sondern erstreckt sich über das ganze Siedlungsgebiet der Pashtunen-Stämme, weit hinein nach Pakistan, nach Waziristan (das "Zentrum des Dschihadimsus") . Das Schweizer Fernsehen hat Anfang Februar einen hervorragenden DOK-Film gezeigt - den es leider nicht als öffentliches Video gibt -, der die Aussichtslosigkeit des Kriegs der USA und den Zusammenhang des Afghanistankriegs mit dem pakistanischen Waziristan verstehbar gemacht hat. Einen ausführlichen, erschreckenden Hintergrund dazu gibt es auch bei Al-Jazeera zu lesen.

Riesenproblem Pakistan
Spätestens mit der Ermordung von Benazir Butto und dem Sturz von General Musharaf ist klar geworden, dass die Atommacht Pakistan nicht nur das Rückzugsgebiet der Taliban und der Al-Qaida ist, sondern selbst ein Pulverfass mit einem islamistischen Fundamentalismus-Problem. Darüber hinaus scheint Pakistan auf die Länge ein höchst unsicher Partner der USA im Gesamt-Theater: Längst ist offensichtlich, dass insbesondere der Pakistanische Geheimdienst ISI die Taliban aktiv schützt und unterstützt bis hin zu Kampfeinsätzen gegen US-Truppen in Afghanistan.
Mit grosser Sorge sieht Pakistan den rasch zunehmenden Einfluss seines Erzfeindes Indien in Afghanistan. Indien hat nicht nur die neue, 217 Kilometer lange Verbindungsstrecke zwischen der iranischen Grenze und der Kandahar-Kabul-Autobahn fertig gestellt, die wohl bald auch die NATO-Truppen als Logistikroute benutzen werden, sondern das indische Militär trainiert auch afghanische Polizeieinheiten. Gleichzeitig plant Indien schon länger gemeinsam mit dem Iran eine Pipeline quer durch Afghanistan zur Oelversorgung. Die USA müssen eigentlich nur noch ihr Okay dazu geben. In Pakistan glauben bereits viele an ein indisch-amerikanisches Komplott mit dem Ziel, ein unabhängiges Belutschistan zu schaffen
Pakistan fühlt sich von beiden Seiten bedroht.

China diskret aber maximal präsent
Natürlich geht nichts im unmittelbaren Umfeld von China ohne Peking. Und wie gewohnt von anderen Problemgebieten hat China auch in Afghanistan in den letzten Jahren und ohne viel öffentlichen Lärm, sein Netz auch in Afghanistan gesponnen.
Chinas langfristige Strategie in Afghanistan ist gemüss Pedrag Khanna "offensichtlich": "China ist zum grössetn Investor Afghanistans geworden." Nicht nur die Ausbeutung der Kupfermine Aynak südlich von Kabul ist dank chinesichem Geld möglich, China investiert auch sonst in Infrastrukturprojekte wie die (indische) Autobahn zur iranischen Grenze. China baut sich systematisch einen direkten Zugang zum arabischen Meer auf. So hat Peking auch den neuen Tiefseehafen von Gwadar an der Küsten Pakistan's gebaut.
China wacht auch sorfältig darüber, was die USA in den zentralasisatischen -stans (Kirgistan, Kasachstan, Tadschikistan, Usbekistan) unternimmt. Dort gerät die USA nicht nur Russland, senden vermehrt auch China ins Gehege.

Obama hat könnte sich nicht nur an Afghanistan selbst die Zähne ausbeissen, sondern auch dei regionalen Implikationen unterschätzen, schreibt Khanna: "Trotz der Aufregung um die die amerikanischen Aktivitäten in der Region, sei es "überhaupt nicht klar, dass Washington iregndwie näher daran sei, die Dynamik in Zentral-Asien" begriffen zu haben. Die Europäer tun gut daran, nicht einfach blind mit Obama und den USA mitzulaufen und erneut wie im Irak mit in eine auswehgslose Situation zu geraten.

Keine Kommentare: