Mittwoch, 10. Dezember 2008

Hooligans


Mich frappiert seit einiger Zeit die Aehnlichkeit der Phänomene Hooligans/gewalttätige Fans, Soldaten/Marodeure. Und in dieses Bild passen auch die gewalttätigen Jugendlichen in Athen.

Jetzt hat weltonline.de einen Artikel mit dem Titel "Jugendkultur" über die Forschungsarbeit des britischen Autors ("Punkchronist") Jon Savage veröffentlicht, der doch einigen theoretischen Hintergrund bietet und meine Ueberlegungen stützt. Auch die "Zeit" hat zum Thema einen Hintergrundartikel geschrieben mit einem Titel, der für all diese verschiedenen Erscheinungsformen desselben Phänomens "Jugendgewalt" Gültigkeit zu haben scheint: "Wut, Frust, Lust".
Auf der Basis einer im Frust geborenen Wut des Aufbegehrens gegen alles Obrigkeitliche, gegen das Establishments, die Welt der Erwachsenen und jede Ordnung, manifestiert sich bei einer eigentlich beliebigen Gelegenheit nicht nur anarchische Gewalt, sondern immer auch die pure Lust an der Gewalt. Die Lust, sich zu spüren, unmittelbare Wirkung zu erzielen.

Savage wagt auch - was ich bisher stark empfunden, aber nicht gewagt habe zu schreiben - die Paralleln zwischen dem "normalen" Hooliganismus" und der Gewalt im Krieg zu zeigen.

Es ist wohl naheliegend, dass die Jugendlichen in den Strassenschlachten in Athen dieselben Sensationen erleben wie die Fussballhooligans im Tränengasnebel der Basler Polizei: Sie sind vollgepumpt mit Adrenalin in einer Mischung aus Aggressivität, Euphorie und Angst. Dazu kommt ein starkes Gefühl der Identifikation mit anderen Mitgliedern der Gruppe und die bedingungslose Unterordnung unter die Führerschaft einzelner informeller Chefs. Es ist eine Art Rausch, mitreissend, irgendwie losgelöst. Das alte Wort "Raserei" passt auch, das, was die Römer "Furor" genannt haben. Peter Sloterdijk spricht von der "thymotischen Energie" von aufgestautem Frust, der sich mit der Zeit anreichert und bei Gelegenheit als verhehrender, rächender Zorn ausbricht.
In diesem Zustand sind die involvierten (Randalierer und häufig auch die Polizisten) zu Aktionen und Handlungen fähig, die sie sich selbst nie zugetraut haben.
Und - ich wage die Behauptung - ganz ähnliche Sensationen erleben auch die (meist sehr jungen) Soldaten im Krieg. Gestern oder/und heute. Heute im Kongo bei der Stürmung und Plünderung eines Dorfes, damals die GIs in Vietnam oder die Tschetniks in Bosnien oder noch früher die "alten" (sehr jungen) Eidgenossen auf ihren Kriegszügen.

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