Donnerstag, 20. November 2008

Toiletten als Indikator für Entwicklung

Am Mittwoch war Welt-Toilettentag. Der 19. November ist auch der Gründungstag der Welt-Toiletten-Organsiation (WTO). Die NGO WTO wurde 2001 gegründet. Heute zählt sie 151 Mitgliederorganisationen in 53 Ländern.

Die WTO ist kein Scheiss, sondern eine sehr wichtige Organisation, die auch sehr ernst genommen wird. Die zum World Economic Forum (WEF) gehörende Schwab Stiftung hat die WTO 2006 ausgezeichnet als "Outstanding Social Entrepreneur of the Year", als "Ausserordentlicher Sozialunternehmer des Jahres".
Die WTO unterstützt eines der Ziele der Millenium Goals (MDG), die Halbierung der Zahl der Menschen bis 2015, die keinen Zugang zu Basis-Sanitärinstallationen haben.
2,6 Milliarden Menschen haben heute keine Toilette. Davon 980 Millionen Kinder.

Die Mission der WTO: Weltweite Verbesserung der Toiletten und Sanitären Einrichtungen.
Und die Vision: Gesundheit und Würde für alle dank guten Toiletten und nachhaltigen Sanitäreinrichtungen.

Die WTO musste zuerst die Erfahrung machen, dass das simple Werben für Toiletten mit der Argumentation Hygiene und Gesundheit nicht ausgereicht hat, um arme Menschen zu überzeugen, Geld für eine gute Toilette auszugeben. Deshalb zielt die WTO darauf ab, die Toilette zu einem Statussymbol und einem Wunschobjekt für Arme zu machen.

Gute, hygienische Toiletten sind zu einem Indikator für Entwicklung geworden.

Wir sind uns kaum mehr bewusst, welches Privileg es ist, über eine gute, saubere Toilette mit Wasserspülung zu verfügen. Einige Aeltere haben eine Erinnerung an eine "Bängelschissi" oder ein "Plumpsklo" irgendwo draussen vor dem Hof oder vor der Berghütte. Aber wir sind uns selten des Komfortes bewusst, der es uns erlaubt, stundenlang mit einer Zeitschrift oder einem Buch (oder dem Laptop) auf den Knien auf der Schüssel zu hocken bis uns die Füsse einschlafen und dann einfach die Spülung zu betätigen, ohne dass wir uns um den Rest, sprich die saubere Entsorgung kümmern müssen.

Für den singaporischen Politikwissenschaftler Kishore Mahbubani ist die Toilette mit Wasserspülung das Sinnbild der Moderne, genauer des "Aufbruchs in die Moderne". In seinem augenöffnenden Buch "Die Rückkehr Asiens. Das Ende der westlichen Dominanz" beschreibt er die Sensation, als er - mit 1o Jahren, also wohl 1958 - als einer der Privilegierten in Singapur ein Wasserklosett bekam. "An jenem Tag hatte ich das Gefühl als würde sich mein Leben auf magische Weise verändern. Mir wurde plötzlich klar, dass ich ein würdevolles Leben führen konnte...." (Mahbubani S: 23).
Ein würdevolles Leben. Das zählt.

Für Mahbubani könnte die private Verfügbarkeit eines Wasserklosetts "der beste Indikator dafür sein, wie viele der 6.5 Milliarden Menschen auf der Welt noch in vormoderner Welt leben." Nach inoffiziellen Schätzungen haben nur 15 bis 20 Prozent der Menschen Zugang zu einem WC mit Wasserspülung. Gemäs der offiziellen Statistik der UNO, welche auch die WTO verwendet, haben 2,6 Millionen Menschen gar keine Toilette. 42 Prozent verscharren also ihre Exkremente bestenfalls irgendwo in der freien Natur oder erleichtern sich einfach an einer Hausecke.

So erstrebenswert ein Wasserklosett für alle ist, mir kommt doch der bedenkliche Einwand..... und was, wenn wirklich alle ein WC mit Wasserspülung haben? Hat die Welt überhaupt genug Wasser dafür? Mit jedem Mal, in dem wir die Spülung betätigen, lassen wir 6 Liter Wasser in die Kanalisation rauschen. Nur, wie komme ich dazu, Milliarden von Menschen das Recht auf einen Konfort abzusprechen, der für mich absolute Selbstverständlichkeit ist.


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