Freitag, 7. November 2008

Bewegung in der Weltordnung

Jetzt zeichnen sich die erwarteten Veränderungen der Machtverhältnisse in der Neuen Weltordnung nach der Finanzkrise ab. Diese neue Weltordnung wird nicht mehr nur den Interessen des alten Westens dienen, sondern muss die neuen Player in Asien, Lateinamerika und im Nahen Osten mitberücksichtigen.

"Gruppe der 20" statt G7
Noch immer ist die USA der Nabel der Welt. "Das Geld dieser Welt fliesst weiter nach Amerika" wie Stratfor schon fast triumphierend feststellt. Aber zum ersten Weltfinanzgipfel nach der Finanzkrise reisen am kommenden Wochenende die Staats- und Regierungschefs der 20 führenden Industrie-. und Schwellenländer nach Washington. Mit dabei auch China und Saudiarabien, Indien, Brasilien und Mexiko. Noch ist offen, wer wirklich teilnehmen wird, aber die Forderung der Schwellenländer mit dabei zu sein, ist deutlich. Der brasilianische Finanzminister Guido Mantenga gegenüber Al-Jazeera: "Nationen wie Brasilien werden nicht mehr länger nur brav Kafe trinken, während die reichen Nationen wichtige Finanzentscheide treffen."
Die Zeit der G7, des alten Clubs der "Industrieländer" scheint vorbei, die "Gruppe der 20" dürfte sich als neues Weltwirtschaftsgremium etablieren, schreibt u.a. "Die Zeit" in ihrer aktuellen Ausgabe ((46/08).


Multilaterales Europa vs. zentralistische USA und China
Natürlich sind auch die Europäer mit dabei, aber die Verhältnisse haben sich drastisch verändert:
Chinas Premier Wen Jiabao reist als grösster Gläubiger der USA nach Washington, "die Europäer sind nur noch Schuldner zweiter Ordnung", schreibt "Die Zeit" (Ausgabe 46/08).
Um die Neuordnung des Weltfinanzsystems mit weitgehenden Regulierungen zu schaffen, sind die Europäer auf die Unterstützung der Chinesen angewiesen. Europa selbst ist zu schwach, um sich selbst eine einheitliche Regelung und einheitliche Massnahmen zu verordnen, das haben die individualisierten Rettungsmassnahmen der Europäer zur Bewältigung der aktuellen Finanzkrise deutlich gemacht. Die EU ist ein Verbund souveräner Staaten. Ihre zentralen gemeinsamen Institutionen, wie z.B. die EZB (Europäische Zentralbank), verfügen nicht über die nötige Macht, Massnahmen für alle durchzusetzen.

Die nicht-geeinte EU steht bei den Verhandlungen zur neuen Weltwirtschaftsordnung den grossen zentralistischen Finanzorganisationen der USA und Chinas gegenüber, die nicht auf individuelle Bedürfnisse und Befindlichkeiten von Kleinteilhabern Rücksicht nehmen müssen. Stratfor-Herausgeber George Friedman stellt fast genüssiglich fest, dass sich die EU in der Krise (Finanzkrise, Georgien) als wenig einheitlich und weniger handlungsfähig erwiesen hat als zum Beispiel die USA. Er diagnostiziert den definitiven "Return of the Nation State", die Rückkehr des Nationalstaates. Multinationale Gebilde, inkl. die UNO, waren den Amerikaner schon immer suspekt.

Europa vs. USA
Die USA - und auch der neue Präsident - haben wohl kaum im Sinne, sich den europäischen Plänen einer internationalen Weltfinanzbehörde, sei es die IWF oder eine neue Institution - unterzuordnen. Stratfor schreibt in aller Deutlichkeit dazu: "Eine internationale Institution zur Regulierung der Finanzwelt, welche auch über Autorität gegenüber den US-banken verfügt, würde ein System schaffen, welches das US-Finanz-Management dem europäischen unterordnen würde." Da schätzen die Europäer die Situation und ihre Macht aus US-amerikanischer Sicht schlicht falsch ein. Der Finanzgipfel in Washington am 15. November wird einiges Aussagen über die aktuellen Machtverhältnisse.
Die Europäer brauchen starke Partner, wenn sie sich durchsetzen wollen.

China als Partner Europas
China könnte sich als starker Interessenpartner für die Europäer anbieten. Auf dem Asem-Gipfel Ende Oktober in Peking, bei dem sich 45 Staten aus dem asiatischen Raum getroffen haben, wurde klar ersichtlich, dass die Chinesen eine weitergehende Regulierung wollen als dies die Europäer anstreben. Mit einer offensichtlichen Spitze gegen die USA sagte Chinas Premier Wen Jiabao, es könne nicht angehen, dass einige Staaten über ihre Verhältnisse lebten und viele andere Staaten dafür bezahlen müssten.
Damit meinte er natürlich, das endlose Handelsbilanzdefizit der USA. Allerdings hat China mit der jahrelangen künstlichen Unterbewertung seiner Währung zu dieser Situation aktiv beigetragen. Und China wird sich hüten, zuviel Druck auf die USA auszuüben: Die amerikansichen Konsumenten sind die wichtigsten Käufer der billigen chinesischen Konsumgüter.

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