Samstag, 6. September 2008

Eine türkische Seifenoper als Kulturimperialismus

Noch eine spannende andere Sicht auf die Welt:

Seit Monaten bewegt eine türkische TV-Soap die Gemüter in der arabischen Welt: "Noor", die Geschichte eines modernen arabischen Ehepaars. Ausgestrahlt wird es vom saudischen Privatkanal MBC und ist in der gesamten arabischen Welt von Marokko bis Syrien ein "Strassenfeger". Vorallem die Frauen im arabischen Raum sind hin und weg.

Perfekt bedient die Serie, die in der Türkei selbst kein Erfolg war, Sehnsüchte. Sie spielt in einem islamischen Land, greift aber auch heikle Themen auf, die sonst tabuisiert sind. So hat der Serienheld, der von dem blauäugigen ehemaligen Modell Kivanc Tatlitug gespielt wird, vor der Ehe Beziehungen und ist bereits Vater eines Kindes. Auch öffentliche Zärtlichkeiten sind in der Serie zu sehen.



So sieht das aus:


Ein moderner "Orient"
Für uns mag das alles noch immer irgendwie exotisch, orientalisch anmuten, aber es hilft, auch uns, eine andere Sicht dieser arabische Welt zu erhalten, zu erkennen, dass es dort nicht nur rückständige, bärtige Fundamentalisten auf Kamelen oder Eselskarren in Beduinenzelten und unterdrückte, ungebildete Frauen hinter Schleiern gibt.

"Unislamisch, teuflisch"
Kein Wunder hat die Serie islamische Sittenwächter auf den Plan gerufen. Als "teuflisch und unmoralisch" bezeichnet der Großmufti Saudi- Arabiens die türkische Fernsehserie und forderte die TV-Stationen auf, ihren "Angriff auf Gott und seinen
Propheten" unverzüglich einzustellen.

"Kulturimperialistisch"
Noch viel spannender als die emanzipatorische Wirkung der TV-Soap ist der politische Hintergrund. In der arabischen Welt und speziell im Iran, dem alten Persien, wird die Soap auch als politisches Instrument zur Ausdehnung des türkischen Einflusses im Nahen Osten intrepretiert.

Die TheranTimes schreibt:
"Although these series are not high art, they are meant to raise Turkey’s profile in the region in order to reduce Iran’s political and cultural influence. "

Die alte Rivalität zwischen den Türken und den Persern ist im Nahen und Mittlere Osten immer noch präsent und der antitürkische (anti-osmanische) Reflex ist ein nach wie vor ein funktionierendes Mittel der arabischen und mehr noch der iranisch-persischen Propaganda.


Neue (alte) Rolle der Türkei:
Tatsächlich ist die Türkei daran, wieder eine zentrale Rolle im Nahen und Mittleren Osten zu spielen und darüberhinaus. Bekanntlich erstreckt sich der türkische Einfluss traditionell bis tief nach Mittelasien. Die ehemaligen Soviet-Republiken von Kasachstan über Krigisien bis Usbekistan sind Turk-stämmig und reden eine türkische Sprache, rund ein Viertel der Iraner sind türkisch-stämmig.
Nicht zuletzt ist das möglich geworden, weil die Türkei, seit sie mit der AK (Erdogan) wieder über eine "islamische" Regierung verfügt, im Nahen Osten wieder als zur eigenen (islamischen) Welt zugehörig und wegen ihres wirtschaftlichen rfolgs und der Nähe zu Europa als vorbildlich angesehen wird.

Europa tut deshalb gut daran, die Türkei als ihren wichtigsten Partner zu akzeptieren und zu nutzen, nicht nur bei der Entwicklung er Union für das Mittelmeer, sondern für die gesamte Friedenspolitik auf der Brücke zwischen Europa und Asien.

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