Samstag, 13. September 2008

Der "Fall" Calmy-Rey und die Medien


Die Arena des Schweizer Fernsehens von gestern Abend scheint mir vorallem aus einer Sicht wirklich spannend: Die Rolle der Medien, die Rolle von uns Journalisten.

Bundesrätin Calmy-Rey hat sehr gut ausgesehen gestern Abend. Weil sie argumentieren konnte, weil endlich mal eine Differenzierung möglich war. Und ihre Argumente sind sehr gut, weil die Aussenpolitik der Schweiz heute die einzig richtige ist.
Gut ausgesehen hat sie aber vorallem auch, weil sie von zwei der einflussreichsten Schweizer Medienmacher sekundiert und inhaltlich gestützt wurde: Felix E. Müller, Chefredaktor NZZ (Bild rechts) am Sonntag und Peter Rothenbühler, Chefredaktor Le Matin (Bild links).
Ich bin überzeugt, dass auch die Macher der anderen Verlage gleich denken.

Aber ihre Blätter und Publikationen bieten zur Zeit die Plattform für eine unglaubliche Hexenjagd auf Calmy-Rey, die der Schweiz - nicht Calmy-Rey - schadet. Die Medien lassen sich von den Hinterwäldlern der Schweizer Politik instrumentalisieren, die zwar keine Ahnung von Aussenpolitik haben, aber umso konsequenter Innen- und Parteipolitik betreiben. Die SVP und Teile der CVP haben die Aussenpolitik - respektive die Aussenmisterin - als Feld entdeckt, auf der sie parteipolitisch Punkte sammeln oder ihre eigene Bundesrätin bei den Ewiggestrigen profilieren können.

Schamlos machen die Medien jede noch so hanebüchene Anschuldigung der Hinterwäldler zu einer fetten Schlagzeilen. Dabei wissen die Journalisten ganz genau, wie falsch die Angriffe in der Sache sind. Doch genauso gut wissen die Journalisten, dass die Ani-Calmy-Rey-Kampagne ihrem Medium Quoten bringt.

Wir Journalisten wissen natürlich, welche Themen bei den Lesern mit grosser Wahrscheinlichkeit ankommen, welche "Geschcihten" häufig gelesen werden. Und es ist unser Handwerk, unsere Artikel/Beiträge so zu gestalten, dass sie für die Leser/Zuschauer attraktiv sind. Wir wissen auch, das man das Leserinteresse am leichtesten mit einem griffigen Titel abholt. Und im neuen Online-Medium können wir die Wirkung unserer Publikationen auch unmittelbar sehen. Ich brauche nur den Titel eines neuen Artikels im Netz zu lesen und weiss schon, ob die Leser in den Kommentarspalten reagieren werden. Ich könnte sogar drauf wetten, welche Leser kommentieren werden und wie.

Positive Effekte:
Klar rede ich auch von mir. Und ich weiss auch, wie ich mein schlechtes Gewissen beruhige:
Jede Kampagne hat auch die gegenteilige Wirkung als bezweckt. Die Angriffe auf Calmy-Rey haben auch positive Effekte:

Die Aussenpolitik ist heute ein Thema in der Schweiz. Die Rolle der Schweiz im Ausland wird öffentlich diskutiert; zwar personalisiert auf Calmy-Rey, aber immerhin. Die Bundesrätin und ihre Chefbeamten haben gestern denn auch die seltene Möglchkeit genutzt, im nationalen Fernsehen die Politik der Schweiz im internationalen Feld, ihre Aktivitäten, ihre Rolle als Kontakthalterin im Hintergrund und als Wegbereiterung für grössere und kleiner politische Prozesse ausführlich und einigermasse differenziert darzustellen.

Und: Je heftiger die Hinterwäldler via Medien auf Calmy-Rey einhauen, desto grösser wird ihr Heldenstatus. Sie ist inzwischen für Viele - ud vorallem auch für viele Frauen - zur einer Gallionsfigur geworden, der alle Sympathien gehören. Auch ihre Partei profitiert, dank der Solidarisierung vieler potentieller Wähler mit der Vielgescholtenen.

Dabei erzählen Insider immer offener, dass die Bundesrätin - wenn schon - nicht wegen ihrer politichen Arbeit, sondern wegen ihrem Umgang mit den Menschen in ihrem nächsten Umfeld zu kritisieren wäre. Sie gilt als arrogant ihren MitarbeiterInnen gegenüber, unnahbar und häufig gar verletzend. Die Stimmung im Departement sei schlecht - nicht wegen den Angriffen von aussen, sondern wegen internen Spanungen, für die häufig die Chefin verantwortlich sei.

Die "Arena" vom 12. September mit Bundesrätin Calmy-Rey hier:


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