Mittwoch, 24. September 2008

Das US-amerikanische Zeitalter geht zu Ende. Und: Die USA macht Angst.

Die USA haben den Zweiten Weltkrieg gewonnen und damit de facto die Weltherrschaft übernommen. Mit dem Zusammenbruch der Sowietunion Ende der 80er-Jahre konnte sich das anglo-amerikanische System, basierend auf den christlichen Werten (Menschenrechte) und der - ebenfalls auf den christlichen Werten basierenden – „freien“ Marktwirtschaft weltweit, dann globalisiert durchsetzen.
Spätestens seit den 60er Jahren haben die USA bestimmt, wer zur zivilisierten Welt gehörte und wer nicht, "notfalls" haben sie ihr „Recht“, das quasi allgemeingültige Recht,  auch mit Gewalt durchgesetzt, sei es mit offenen Kriegen, sei es  indirekt über Komplotte, „Hilfsprogramme“ oder mit Hilfe von Wirtschafts-Sanktionen.

Die USA waren für Jahrzehnte das gelobte Land, "das Land der unbegrenzten Möglichkeiten"  und tatsächlich ist die USA wohl auch noch heute das Land, welches diejenigen, die gut und erfolgreich sind, belohnt. Leider musste aber eine Mehrheit der Welt, müssen ganze Kontinente und auch eine Mehrheit der Bevölkerung in den USA die schmerzhafte Erfahrung machen, dass das versprochene Heil, dass von der Marktwirtschaft schliesslich Alle profitieren werden, ein Mythos war, der nicht stattgefunden hat, aber einige Wenige reich und mächtig gemacht hat.

Zusammenbruch des US-Amerikanischen Finanzsystems

Mit dem "Ende des desaströsen Businessmodells" (Zitat Wirtschaftsnobelpreisträger und US-Präsidentenberater Joseph Stiglitz), des amerikanischen Finanzwesens, dürfte nach Einschätzung fast aller publizierender Experten auch das weltweite System des freien Finanzmarktes zu Ende sein und damit auch die Dominanz der USA als Welt -(finanz) Macht.
Triumphierend stellt der linke Autor Michael Hardt (Co-Autor von "Empire") in der TAZ fest: "Die Finanzkrise ist der letzte Sargnagel für die Großmachtfantasien der USA."
Doch es gibt keinen Grund zu triumphieren oder Schadenfreude zu verspüren.

Die USA brauchen Hilfe
Die Weltwirtschaft - und mit ihr Europa und in kleinem Rahmen auch die Schweiz - wird alles daran setzen, dass sich nicht nur das amerikanische Finanzsystem wieder stabilisiert. Unsere Abhängigkeit vom amerikanischen System ist so gross, dass wir gezwungen sind, den USA zu helfen.
Und Amerika ist dringend auf diese Hilfe angewiesen. Amerika kann sich nicht aus eigener Kraft aus der Krise befreien, es ist nicht nur finanziell, sondern auch moralisch Pleite.


Die USA lebt seit Jahren auf Pump
Dass Amerika schon seit vielen Jahren auf Pump lebt, ist nichts Neues, dürfte sich jetzt aber noch weiter akzentuieren.
Ronald Gehrt bringt es in seinem zynischen, aber umso treffenderen Artikel "Haste mal ne Milliarde, ey" auf "Zeitenwende.ch" auf den Punkt: Die USA gleicht heute einem Bettler oder zumindest einem Schnorrer in der Steinenvorstadt in Basel oder im Shopville in Zürich.

Die USA sind Pleite, eigentlich nicht erst seit der „Finanzkrise“. Seit Jahren geben die USA mehr Geld aus, als sie verdienen. Die aktuelle Schuldenlast beträgt rund 20 Billionen Franken, 15'507 Milliarden US Dollar. Das Leistungsbilanzdefizit wächst seit Jahren unaufhaltsam. Der Rest der Welt finanziert es mit seinen eigenen Handelsbilanzüberschüssen. Amerika zählt seit Jahren darauf, dass es heute zwei Hamburger kauft - und isst, aber bald nur einen davon auch wirklich bezahlen muss.
Dass die US-Regierung jetzt das eigene Finanzsystem mit einen Billionenspritze "retten" will, klingt wie ein Hohn:
„Wie kann man eigentlich davon faseln, irgendwelche Staatsgelder zur Verfügung zu stellen, wenn man das größte Loch aller Zeiten in den Staatssäckel gepfuscht hat?“ schimpft Ronald Gehrt nicht ganz zu unrecht.

Aber nicht nur die Regierung der USA lebt auf Pump, das ganze amerikanische Volk hält es genauso. Schulden gehören in den USA zum Alltag wie Burger und Pommes. In einem Durchschnittshaushalt gehen 14 Prozent des verfügbaren Monatseinkommens für das Abbezahlen von Schulden drauf. (u.a. nachzulesen auf n-tv.de "Die Kreditkultur in den USA").
Arte hat dazu schon vor 2 Jahren einen eindrücklichen Dokumentarfilm ganz nah bei den gewöhnlichen Amerikanern gedreht. Titel: "Auf Pump".



Amerika und seine Mächtigen haben das Vertrauen verspielt
Die Glaubwürdigkeit der USA ist nicht nur gegen aussen zerstört - neben der Katastrophe der Finanzkrise auch wegen den gescheiterten militärischen Operationen im Irak -, sondern vorallem auch gegen innen. Der Traum von der Wohlfahrt für Alle ist in den USA schon länger ausgeträumt. Die Zahl der Armen in den USA wächst seit Jahren.
Alle wissen, auch die Bürger der USA: Die Zeche für das „Rettungsprogramm“ der US-Regierung für die Banken, welche in den letzten Jahren Milliardengewinne eingestrichen haben, bezahlen die Steuerzahler. Neue Kürzungen in den Bereichen Bildung, soziale Wohlfahrt oder Gesundheit scheinen auch für einen neuen Präsidenten unausweichlich. Zahllose Amerikaner werden ihre auf Pump gekauften Häuser verlieren, es drohen steigende Arbeitslosenzahlen und ganz allgemein wird die Schere zwischen den oberen und unteren Einkommensschichten weiter aufgehen.
„Wie kann man sich dann wie Finanzminister Paulson, Ex-Goldman Sachs-Chef, ohne rot zu werden hinstellen und der Welt mitteilen: 'Der amerikanische Bürger soll wissen, dass er seinem Finanzsystem voll und ganz vertrauen kann?“ (nochmals Ronald Gehrt)

Das kann nicht lange gut gehen und immer mehr Amerikaner werden erleben, dass das Beten in ihren fundamentalistischen Kirchen auch nicht hilft. Immer mehr haben sie in der Praxis erlebt: Der amerikanische Traum verwirklicht sich nur für die Allerwenigsten. Die Vertrauenskrise kann sich sehr schnell zur innenpolitischen Krise ausweiten.

Jetzt ist Amerika gefährlich
Die USA werden mit Sicherheit einer der wichtigen Player dieser Welt bleiben. Der amerikanische Markt ist viel zu wichtig. Nicht nur China braucht ihn als Abnehmer seiner Konsumgüter. Vorallem ist Amerika noch immer die mit Abstand wichtigste Militärmacht dieser Welt und dass amerikanische Präsidenten bereit sind, diese Militärmacht überall auf der Welt auch gegen alle Vernunft einzusetzen, wurde zuletzt im Irak bewiesen.

Egal wer die Wahl gewinnt: Der neue US-Präsident wird kämpfen müssen, um die grosse Vertrauenskrise, welche vor allem in der amerikanischen Bevölkerung droht, zu überwinden. Die Gefahr ist gross, dass sich die grosse Masse der Unterprivilegierten bald nicht mehr von den mystischen Heilsbotschaften ihrer Prediger trösten lässt, sondern ihr Recht, ihren Anteil einfordert und gegen das Establishment, diejenigen die in Amerika weiter immer reicher werden, obwohl sie versagt haben, aufbegehrt.

Es ist ein altes politisches Prinzip: Steht eine Regierung vor unlösbaren inneren Konflikten, schafft sie sich eine äussere Bedrohung, welche die Bevölkerung „hinter der Fahne“ eint. „Externalisierung interner Konflikte“ heisst das in der Fachsprache der Politologen.
Bush hat sich das Feindbild Bin Laden und Islam geschaffen. Es hat sich als teures Phantom erwiesen. Die Gefahr ist real, dass sich ein künftiger Präsident des von Bush in den letzten Jahren aufgebauten Feindbildes Iran bedient, um die eigene Bevölkerung hinter sich zu bringen und sich der Welt weiter als Sicherheitsgarant oder auch nur Weltpolizist zu verkaufen.
Das ist ein gefährliches, aber leider nicht unrealistisches Szenario. Eine Katastrophe für die Welt, ein übles „Abschiedsgeschenk“ der scheidenden Weltmacht USA.

Es bleibt die Hoffnung, dass die neuen Mächte: China, Europa, bald vielleicht Indien dies zu verhindern wissen. Oder vielleicht ist Amerika sogar so pleite, dass es sich einen solch teuren Krieg mit unsicherem Ausgang schlicht nicht mehr leisten kann.

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