Es war ein trauriges Schauspiel, die Arena im Schweizer Fernsehen zur Einbürgerungsinitiative. Der Hohe Priester der Partei, Christoph Blocher und sein Alibi-Präsident Toni Brunner haben zwar unglaublich schlecht ausgesehen, aber leider ist zu befürchten, dass dies ihre wachsende Wählerschaft gar nicht wahrgenommen hat.
Es ist ganz offensichtlich, dass die Exponenten dieser Partei tatäschlich GLAUBEN, was sie erzählen. Was aussieht wie eine ganz ausgekochte Manipulation des in seiner Mehrheit halt für populistisch einfache Argumente empfänglichen "Volkes", ist gar nicht manipulativ gemeint. Die Exponeneten sind selbst so einfach gestrickt, dass sie gar nicht erkennen können, wie diletantisch sie argumentieren.
Die SVP-Magistraten verstehen gar nicht, dass sie mit ihrer Politik und ihrem Verhalten die Werte, für die sie ehrlich kämpfen, untergraben. Sie sind nicht skrupellos, sondern schlicht dumm. Nur: das macht sie leider noch viel gefährlicher. Sie sind sehr primitiv strukturiert.
Ihr hoher Priester, an den alle abgöttisch glauben, ist Christoph Blocher. Es war schlicht peinlich am Fernsehen zu sehen, wie die junge Nationalrätin Hutter hinter Blocher stehend seinen Ausführungen mit veklärten Blick folgte und jedes Stichwort im wahrsten Sinne des Wortes abnickte. Der daneben gestellte Parteipräsident versuchte in hilflosen Worten, aber immer freundlich lächeln, jeweils die populistischen Stichworte des Meisters zu wiederholen, an den er sich immer wieder hilfesuchend wandte, wenn er den Faden zu verlieren drohte.
Der oberste Götze dieser straff zentralistisch geführten Partei heisst "Volk" oder "Souverän". Ihn stellen die Parteibonzen über alles. Das Volk steht über dem Recht. "Das Volk hat das letzte Wort, das war in der Schweiz schon immer so." Es fehlt jedes Verständnis dafür, dass diese Schweiz, dass das Schweizer Stimmvolk sich in den letzten 150 Jahren Schritt für Schritt einen gesetzlichen Rahmen gegeben hat, der ein stabiles Sytem garantiert. Zentrale Punkte sind Rechtssicherheit, Schutz von Mindereiten und anders Denkenden und nicht zuletzt Schutz vor Willkür. Das Gesetz bietet sogar Schutz vor der Willkür des Volkes welche aus einer kurzsichtigen Beurteilung der Lage immer möglich ist. Es schützt uns, das Volk und unser System, also auch einmal vor uns selbst. Es weist zum Beispiel einen Entscheid des Volkes, welcher nicht im Rahmen des geltenden Rechts liegt, zurück an das Volk: "Schau Dir das noch einmal an." Dank diesem System ist die Schweiz zu dem geworden, wie sie heute ist, und wie sie die Parteibonzen der SVP offiziell als heilig beschwören.
Was die SVP daran stört, ist offensichtlich: Unser über die letzte Jahre demokratisch entwickeltes Verfassungs- und Rechtssystem schützt die Schweiz auch vor der SVP. Indem die SVP "das Volk" über das demokratisch gewachsene Recht stellt, verlangt sie de fakto eine Volksdiktatur. Wenn ihre Potentaten gleichzeitig gebetsmühlenartig wiederholen "Wir sind das Volk", wird klar, was gemeint ist. Die SVP reklamiert ganz klar die Führerschaft in dieser Diktatur des Volkes. Nicht bösartig, sondern wohlmeinend.
Denn wie alle Fundamentalisten, sind die SVPler ehrlich überzeugt davon, Recht zu haben, mit allem, was sie als richtig erachten. Missionarisch vertreten sie ihre falsch verstandenen Glaubenssätze. Und wie alle Fundamentalisten und Sektierer verstehen sie sich als eine Art Auserwählte oder als Notgemeinschaft, deren Werte und Existenz bedroht. Man schafft sich eine Exklusivität, eine interne Identifikation, welche alle Andersdenkenden, alles Fremde ausschliesst und in einem endlosen Akt der Selbstverteidigung bekämpft. Das ist totalitaristisch und faschistoid. Nur logisch, dass die Mitglieder dieses Apparates sich auch an autoritären Strukturen orientieren. Es gibt eine obersten Führer, der ein paar Getreue um sich schart, die die grossen Linien festlegen und "dem Volk" sagen, was schon immer recht und richtig war. Eine zentralistische Parteileitung bestimmt auch, wer dazu gehört und wer nicht. Nicht liniengetreue Gruppierungen und Personen werden zuerst diffamiert, dann ausgegrenzt und schliesslich verstossen. Die demokratischenInstitutionen der partei, dienen nur der Absegnung der Entschiede des Zentralorgans.
Zenrale Elemente unserer Demokratie dienen als Vehikel, mit dem die Eigeninteressen durchgesetzt werden können. So vergöttern die SVP-Bosse zwar die Gemeindeautonomie. Sie gehen aber von ihrem eigenen, ländlichen Erfahrungshorizont eines kleinen Dorfes aus, indem einige Wenige oder häufig gar ein Einzelner das Sagen hat.
Das über Jahre in einem demokratischen Prozess gewachsene Rechtsystem der Schweiz hat bisher dafür gesorgt, dass ein Ausgleich der Interessen stattgefunden hat. Nicht zuletzt auch, dass sich nicht eine einzelne Partei über den gesamten Rest das Sagen hat. Dieses grundschweizerische Prinzip steht aber den (Macht-) Interessen der SVP-Parteibonzen im Weg. Deswegen werden die demokratisch legitimierten Vertreter und Beschützer unserer Demokratie als "Classe Politique", "bürokratsiche Verwaltung" und "selbstherrlichen Richter" verunglimpft. Ihre Autorität und Glaubwürdigkit wird systematisch und unter Einsatz von Millionen Geldern ausgehölt und sturmreif geschossen. Mit der Unterstellung, die "Classe Politik" usw. vertrete nicht die Interessen des Volkes, sondern bewahre nur seine eigenen Privilegien, demaskieren die SVP-Gewaltigen ihre eigenen Machtfantasien und Absichten.
Nur wird das vom "Volk" nicht wahrgenommen. In einer Welt der wachsenden Ungleichheiten wächst die Masse der Verlierer, die sich am liebsten als Opfer eines ungerechten Systems verstehen will, deren primitive Reflexe leicht manipulierbar sind. Den SVP-Potenaten gelingt es, diese Reflexe der Verunsicherten zu bedienen und zu verstärken. Wohlmeinend, denn
die SVP-Gewaltigen scheine gar nicht zu realisieren, dass sie heftig an dem Ast sägen, auf dem sie selbst und "das Volk" sitzt: Die Demokratie.
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