Dienstag, 3. Juli 2012

Das Geständnis: "Nicht eine besser Welt ...(ist) das Ziel."

Ich weiss, dass ich es mir in meiner beruflichen Position eigentlich nicht erlauben kann, medienkritische Blogbeiträge zu schreiben. Aber ich kann es mir heute einfach nicht verkneifen:
Endlich spricht einer der wichtigen Schweizer Verleger Klartext: Norbert Neininger von den Schaffhauser Nachrichten, etc.:

In seinem Artikel auf NZZOnline "Soziale Netzwerke wie Medien behandeln" erteilt er den Internetmedien den Ritterschlag: Nicht nur, dass sich "die sozialen Netze – vor allem Facebook – zu den mächtigsten Konkurrenten der Medienunternehmen entwickelt" hätten, sondern, "sie sind ihnen gleich geworden".
Der Aufreger für mich ist aber nicht diese Diagnose Neiningers, die ja bloss die nüchterne Feststellung eines für Nichtverleger schon länger bekannten Faktums ist, sondern seine Definition dieses Gleichseins im Satz darauf: Die schnöden kommerziellen Absichten von Facebook und Co., der fehlenden Idealismus sozusagen:  "Nicht eine bessere Welt, sondern eine höhere Börsenkapitalisierung und explodierende Margen waren und sind das Ziel." - Eben, QED: "... sie sind ihnen (den traditionellen Marktprodukten der Verleger; AM) gleich geworden."

Was ich nicht verstehe, ist, warum sich Ronny Grob in der Medienwoche über das Geständnis Neiningers so aufregt:

"Are you kidding me, Mr Neininger? .... Wer bitte glaubt, das Ziel von Facebook sei es, über die eigenen Produkte hinausgehend eine bessere Welt zu schaffen? .... natürlich will Facebook Geld verdienen. Wie die meisten Medienunternehmen: die NZZ-Aktien sind derzeit für 6000 Franken das Stück zu haben, die Tamedia-Namenaktien zu 101 Franken. Ist es etwa deren Ziel, «eine bessere Welt zu schaffen»? Und was wollen die «Schaffhauser Nachrichten»? Nicht auch Geld verdienen?"

Genau das gibt Verleger Neininger ja zu: "... sind ihnen gleich geworden." Sowohl die kommerziellen Unternehmen im Netz wie auch die übrig gebliebenen Konkurrenten aus der Holzbranche sind blosse Contentverkäufer. Natürlich disqualifiziert sich Neiningers Gedöns von den "journalistischen Inhalten" als "wertvollstes Gut" der traditionellen Medienhäuser damit als das, was es ist: Marktgeschrei. Nur: Wer kann sich darüber noch aufregen?

Als Konsequenz seines heutigen Geständnisses müsste es Neininger jetzt bloss noch seinen Konkurrenten gleich tun und - wie er in seinem Artikel schreibt - "keinen Hehl" aus seinen Absichten machen, indem er diese gleich wie Facebook in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) offen deklariert:  
«Unser Ziel ist es, Werbeanzeigen und kommerzielle Inhalte, die für unsere Nutzer und Werbetreibenden wertvoll sind, bereitzustellen.»

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