Endlich mal wieder ein Leuchtturm des Tagi-Magi. Natürlich von Daniel Binswanger:
Wahrheitsfreie Politik.
Der Titel ist der Versuch einer Übersetzung von "post-truth politics", einer Wortschöpfung von Nobelpreisträger Paul Krugmans in seiner New York Times Kolumne "The Post-Truth Campaign" vom 22. Dezember 2012. Die Übersetzung scheint mir nicht so richtig zu passen, aber ich habe auch keine bessere anzubieten. Dem Intro-Text von Binswangers Kolumne im aktuellen Magazin (Online nicht frei verfügbar) tut das aber keinen Abbruch:
Der Nobelpreisträger Paul Krugman beklagt, dass die amerikanische Politik in eine Ära der "Wahrheitsfreiheit" eingetreten sei (post-truth politics). Fakten, so Krugman, spielen keine Rolle mehr. Es genügt, über Medienmacht zu verfügen, um wirkungsvolle Kampagnen durchzuziehen. Es reicht, einen Gegner mit Falschbehauptungen zu diskreditieren, um ihn politisch zu vernichten. Mit der Hildebrand-Affäre ist auch die Schweiz definitiv in die Ära der wahrheitsfreien Politik eingetreten.
"... definitiv ..." schreibt Binswanger. Das heisst, auch er hat konstatiert, dass die Ära der "post-truth politics" in der Schweiz nicht erst mit der Affäre Hildebrand begonnen hat. Offenbar teilt er meine Meinung, dass die Causa Hildebrand bloss die Manifestation eines Zustandes ist, der schon länger andauert. Mit dieser Aussage stehen im Übrigen nicht nur medienmächtige Politiker am Pranger, sondern ebenso die Medien:
Medienmacht haben Politiker oder politische Akteure nicht nur, wenn sie über eigene Medien verfügen, wie Christoph Blocher. Es reicht, ein Medium zur möglichst ungefilterten Multiplikation der wahrheitsfreien "Information" zu instrumentalisieren. Und die Sünde der Medien liegt eben im Umstand, sich instrumentalisieren zu lassen, sprich: ihr Medium den wahrheitsfreien Politikern als Plattform zur Verfügung zu stellen. Ob absichtlich oder unabsichtlich spielt dabei nur insofern eine Rolle, als unabsichtlich nur NOCH unprofessioneller ist.
1 Kommentar:
Die Medien habe ihre Unschuld in Sachen "4. Staatsgewalt" ohnehin schon längst verloren. Quote statt Qualität dominieren. Dadurch werden in den Zeitungsredaktionen auch nicht mehr Ideale verfolgt, welche diesen die Legitimität als "4. Staatsgewalt" gegeben hätte.
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